Vor dem Rathaus am Marienplatz haben sich ein Dutzend Umweltschützer versammelt, um den Endspurt für den Bürgerentscheid "Raus aus der Steinkohle“ einzuleiten. Unter den Demonstranten, Michael Schabl, der das Bürgerbegehren vor zwei Jahren mit der ÖDP initiiert hat und die Kampagne seitdem leitet: "Am Sonntag geht es einfach darum, dass wir ein Zeichen setzen, das München endlich klare Klimaschutzmaßnahmen ergreifen will, deshalb müssen wir möglichst früh jetzt die großen Maßnahmen ergreifen und das ist einfach, das Kohlekraftwerk abschaffen."
Stilllegung von Block 2 noch vor 2022 gefordert
Die Umweltschützer möchten den Block 2 des Heizkraftwerkes München Nord Ende 2022 vorzeitig stilllegen. Hier produzieren die Stadtwerke Strom und Fernwärme für die Landeshauptstadt und zwar mit Steinkohle, importierter Steinkohle - rund 800.000 Tonnen im Jahr.
"Es wird dort mehr CO2 ausgestoßen als der gesamte Verkehr und deshalb ist das der größte Hebel, den wir in die Hand nehmen können. Den Verkehr können wir nicht von heute auf morgen abstellen und deshalb unbedingt so schnell wie möglich raus aus der Steinkohle." Michael Schabl, Initiator des Bürgerbegehrens
Was bringt das Stilllegen von Teilen des Heizkraftwerks wirklich?
1,7 Millionen Tonnen C02 könnte München auf diese Weise einsparen, rechnen die Umweltschützer vor. Eine Milchmädchenrechnung hält Florian Bieberbach dagegen, Geschäftsführer bei den Münchner Stadtwerken.
"Es ist ja auch völlig falsch zu unterstellen, dass diese CO2-Immissionen wegfallen würden. Wenn das Kraftwerk abgeschaltet werden würde, würden ja andere Kraftwerke in Deutschland diese Stromerzeugung übernehmen und auch CO2 austoßen. Also der Effekt wäre viel niedriger als das Bürgerbegehren momentan andeutet. Wenn ich das Kraftwerk abschalte, muss ich halt mehr Strom importieren." Florian Bieberbach, Geschäftsführer der Münchner Stadtwerke
Ist die vorzeitige Stilllegung von Block 2 überhaupt erlaubt?
Die Stadtwerke bestreiten auch, dass eine vorzeitige Stillegung rechtlich überhaupt möglich ist. Selbst wenn sich die Münchner am Sonntag mehrheitlich für den Ausstieg 2022 entscheiden, dürften sie als Betreiber gar nicht den Aus-Knopf drücken. Michael Schabl sagt, einen Antrag könne man natürlich stellen, aber man werde ein Verbot kassieren.
"Unser Kraftwerk Süd ist gerade von der Bundesnetzagentur überprüft worden und als systemrelevant klassifiziert worden. Insofern wäre es äußerst verwunderlich, wenn Nord nicht systemrelevant wäre." Michael Schabl, Initiator des Bürgerbegehrens
Das vorzeitige Aus des Steinkohle-Kraftwerks wäre teuer
Ein weiteres Gegen-Argument der Stadtwerke: Ein vorzeitiges Aus käme die Münchner teuer zu stehen. Bis zu 300 Millionen Euro entgangene Gewinne. Franziska Buch, Klimareferentin beim Umweltinstitut München widerspricht. Sie meint, dass es zwar richtig sei, dass den Stadtwerken betriebswirtschaftlich gesehen Gewinne entgehen würden, wenn das Kohlekraftwerk vorzeitig abgeschaltet wird: "Die Münchnern kommt es aber insgesamt wesentlich günstiger, denn die Kosten, die wir ansonsten hätten für Klimawandelfolgen und für Gesundheitsschäden wären wesentlich höher," so Franziska Buch.
Die Positionen sind weit auseinander
Der Stadtrat lehnt das Bürgerbegehren trotzdem mit großer Mehrheit ab, teilt die Position der Stadtwerke.
"Wir haben viele Jahre Laufzeitverkürzung schon im Fokus, das heißt der politische Wille, die Kohleverbrennung früher zu beenden als es ursprünglich wirtschaftlich sinnvoll ist, das wäre nämlich erst Mitte der 30er Jahre, der ist schon vorhanden und jetzt müssen wir darüber reden, wo die vernünftige Balance zwischen Ökologie und ökonomischen Wahnsinn liegt." Dieter Reiter, Oberbürgermeister München
Raus aus der Steinkohle schon 2022? 1.109.423 Münchnerinnen und Münchner dürfen am Sonntag darüber abstimmen. Angenommen ist der Bürgerentscheid, wenn Erstens die Mehrheit dafür stimmt und Zweitens diese Mehrheit mindestens zehn Prozent der Stimmberechtigten beträgt.