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Buchtipp Alexandra Stahl – "Frauen, die beim Lachen sterben"

In ihrem zweiten Roman erzählt die unterfränkische Autorin Alexandra Stahl mit feinem Humor von Iris. Die 40-Jährige steckt in einer Lebenskrise. Eine Reise nach Griechenland soll ihr dabei helfen, zu sich zu finden. Aber, ob ihr das gelingt?

Author: Dirk Kruse

Published at: 24-5-2024 | Archiv

Literatur: Buchtipp: "Frauen, die beim Lachen sterben" von Alexandra Stahl

Die 1986 geborene Alexandra Stahl wuchs im Landkreis Miltenberg in Unterfranken auf und studierte in Würzburg Amerikanistik und Anglistik, um Journalistin zu werden. Nach zehn Jahren bei der Deutschen Presse Agentur (dpa) entschied sie sich, mittlerweile in Berlin lebend, den Weg als freie Schriftstellerin einzuschlagen.

Einen Roman und einen Erzählband hat sie bisher veröffentlicht, die sich auch durch ihre auffallenden Titel einprägen: "Männer ohne Möbel" heißt ihr Debütroman von 2021 und "Wenn, dann trifft es uns beide" ihr Erzählband von 2022. Jetzt hat Alexandra Stahl ihren zweiten Roman vorgelegt. Und auch der hat einen vielversprechenden Titel: "Frauen, die beim Lachen sterben".

Iris und die Lebenskrise in Griechenland

Iris, Anfang Vierzig, steckt in einer Lebenskrise. Ihre beste Freundin verfrachtet sie kurzerhand in einen Flieger nach Griechenland, damit sie wieder den Kopf frei bekommt. Jetzt hockt sie Anfang Oktober in einer Ferienwohnung auf einer griechischen Insel und weiß nicht, was sie da eigentlich soll.

"Die Katzen hatten alle Durchfall. Und eine hinkte. Es waren fünf Stück, rot-weiß getigert, alle noch klein. Ich konnte sie nicht auseinanderhalten, nur die mit dem verletzten Hinterbein stach heraus. Ich roch diese kleinen Katzen immer schon, bevor ich sie sah. Sie hatten verklebte Schwänze vom Durchfall, den sie in hellbraunen Schlieren über den Terrassenboden verteilten und auf die Decken und Kissen der Sitzmöbel vor den Ferienwohnungen."

aus 'Frauen, die beim Lachen sterben' von Alexandra Stahl

Buchtipp: Alexandra Stahl "Frauen, die beim Lachen sterben"

Passivität und Trauer

Aus der geplanten einen Woche werden am Ende drei Monate Griechenland, in denen äußerlich recht wenig passiert. In Rückblenden erfahren wir nach und nach, was Iris bedrückt. Sie ist von ihrem Freund Simon verlassen worden und hat ihren Job in einer Kulturstiftung gekündigt. Aber eigentlich trauert sie, weil sie sich von ihren besten Freundinnen Katja und Ela verraten fühlt. Iris ist eine Frau ohne Leidenschaften, die ziemlich passiv ist und sich zu wenig in ihr eigenes Leben einmischt.

"All die Gespräche, die ich geführt hatte. Mit Ela und mit Katja, mit irgendwelchen Männern und mit Simon, mit meinen Chefs und mit meinen Kollegen, wie wir einander immer wieder erzählt hatten, wer wir sind und warum wir sind, wer wir sind und welche Leben wir führen, und wie viel Bestätigung, Zuspruch, Applaus wir gebraucht hatten, wie empfindlich wir gewesen waren, wie ernst wir uns genommen hatten. Wozu?"

aus 'Frauen, die beim Lachen sterben' von Alexandra Stahl

Ironische Distanz statt Empathie

Es mangelt Iris an Einfühlungsvermögen. Sie ist der Typ der ironischen Distanz. Ihre Beobachtungsgabe ist enorm und ihre Urteile über andere fällt sie mit grimmigem Humor. "Jeder, der verlassen wird, muss sich eine Geschichte darüber erzählen", stellt sie einmal fest. An sich selbst bemerkt sie dieses Bedürfnis aber nicht, so die Autorin Alexandra Stahl.

"Natürlich tut sie das selbst. Das ganze Buch ist ihre Geschichte. In dem Moment, wo jemand erzählt, will er die Kontrolle behalten, aber er verrät sich ja auch zugleich je mehr er erzählt. Und Iris ist eine Figur mit Rissen. Da sind Widersprüche. Und ich fand es auch interessant, so eine ambivalente, unzuverlässige Stimme zu haben, die uns etwas erzählt, weil das einfach sehr realistisch ist, denke ich."

Alexandra Stahl im Interview

Mit "Frauen, die beim Lachen sterben" erzählt die Unterfränkin Alexandra Stahl von der Midlifecrisis einer nicht immer sympathischen Heldin, die ob ihrer Indifferenz fast eine Schwester von Albert Camus "Der Fremde" sein könnte. Aber wie die Autorin das erzählt, ist großartig. Klar und präzise, fast minimalistisch ist ihre Sprache. Versehen mit einem feinen, ziemlich schwarzen Humor. Alexandra Stahl hat einen ganz eigenen Ton gefunden.

"Mir ist der Sound und Ton eigentlich viel wichtiger als das, was passiert. Ich kann gar nicht schreiben, wenn ich nicht den richtigen Ton habe. Das trägt den Text. Und ich glaube, wenn man den hat, kann man auch diese Themen machen, die vielleicht schon hundertmal erzählt wurden, weil man sie halt auf seine Weise über seinen Ton erzählt. Über das Ende von Freundschaften zu schreiben, über die Schwierigkeit in der Großstadt eine Beziehung zu führen, sind ja sehr alltägliche Themen, die jetzt nicht das Rad neu erfinden. Aber wenn man mit einem bestimmten Blick darauf schaut, und bei all dem in der Tragik die Komik findet, dann kann man das machen. Ich könnte nichts schreiben, was nicht auch lustig ist."

Alexandra Stahl im Interview

Wertung: 5 Frankenrechen von 5 | Bild: BR

Alexandra Stahl: Frauen, die beim Lachen sterben, Roman, Salzburg 2024, Jung und Jung Verlag, 220 Seiten, 23,00 Euro, ISBN 978-3-99027-292-3

"Frauen, die beim Lachen sterben" ist alles andere als ein brüllend komischer Roman. Mit leisem Humor und erzählerischer Klasse wird hier ein komplexer Charakter beschrieben, dessen Geschichte noch lange nachhallt.


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