Franken - Buchtipps


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Wolf Klaußner Klüspies auf Blaiberg

Schwere Kost, aber lesenswert! In "Klüspies auf Blaiberg" zeichnet Wolf Klaußner die Nazizeit im kleinen Dorf Blaiberg nach, das dem wirklichen Ort Spielberg im südlichen Landkreis Ansbach nachempfunden ist. In seinem Roman schildert er Kleinbürgertum und Gewaltexzesse gleichermaßen.

Von: Marion Christgau

Stand: 29.06.2011

Aus dem Buchcover von Klüspies auf Blaiberg | Bild: Verlag Karl Stutz

Klaußners Weggefährte und Freund Kurt Jauslin hat den Roman "Klüspies auf Blaiberg" aus dem umfangreichen Nachlass herausgegeben, weil das Stück, wie er sagt, Klaußners wichtigstes und sein letztes fast fertiges Werk war. Es ist die erste posthume Veröffentlichung eines Klaußner-Textes. Der Roman trägt autobiographische Züge. Dass der Autor eine gewaltgeprägte Kindheit hatte, kann man aus dem Text heraus lesen. Klaußners Vater war zwar kein Nazi, führte aber ein autoritäres Familienregime. "Was ihn in seinem Werk fasziniert hat, ist das Gewaltpotential, was in den Menschen lauert - egal woher sie kommen, ob sie einfachere Menschen oder Gebildete sind, das spielt offenbar keine Rolle", berichtet Jauslin von seinem Freund.

Rückblick auf die Zeit der Nazi-Diktatur

"Klüspies auf Blaiberg" erzählt deutsche Geschichte von 1923 bis 1945 aus der Perspektive der kleinen Leute, den Alltag unter der Nazi-Diktatur und im Krieg. Der Roman zeichnet den Verlauf der Nazizeit im kleinen Dorf Blaiberg nach, das dem wirklichen Ort Spielberg im südlichen Landkreis Ansbach nachempfunden ist. Jauslin erklärt die Intention des Autors folgendermaßen: "Man kann sagen, dass Klaußner das Nazitum bei den kleinen Leuten untersucht oder geschildert hat. Und zwar so, wie sie mehr oder minder dazu gezwungen oder in ihren Überzeugungen beeinflusst worden sind."

Zufluchtsort entpuppt sich als Falle

Klaußners Romanfigur, der Jurist Lessing Klüspies, flüchtet aus der Großstadt Berlin in die fränkische Provinz, in vermeidlich sichere Burgmauern. Doch auch seine Burg Blaiberg erweist sich als ein Ort voll Fallen, Tod und Tücke. Klüspies ist eigentlich ein friedlicher Mensch, doch auf Burg Blaiberg beginnt er mit der Zeit, um sich zu schlagen, und wird zum Gewalttäter. Klaußner präsentiert dem Leser in seinem Roman menschliche Abgründe, fiese Machenschaften, kleinbürgerliche Nazistrukturen auf herrlich komische Weise und mit tiefschwarzem Humor. "Staatsgewalt erzeugt Gegengewalt und beide enden in einer grotesken Gewaltorgie", so bringt der Herausgeber die Geschichte um den vornehmen Klüspies auf einen Nenner.

Hochliteratur mit fränkischem Touch

Info und Bewertung

Wertung: 3 Frankenrechen von 5 | Bild: BR

Wolf Klaußner: Klüspies auf Blaiberg, 497 Seiten, Verlag Karl Stutz, 26,80 Euro, ISBN 9783888491429

Wer glaubt, das Werk eines typisch fränkischen Autors vor sich zu haben, der täuscht sich. Das würde dem Einzgelgänger und ewig an sich zweifelnden Klaußner nicht gerecht, das würde er auch unter keinen Umständen gewollt haben. Der Schriftsteller haderte immer mit Franken, wollte nicht in einem Zug mit den Heimatliteraten genannt werden. Klaußners Roman ist Hochliteratur, ein sprachliches Kunstwerk. Wie bei seinem großen Vorbild Jean Paul wird der Roman aber viele Leser beuteln: Einerseits gibt es diese wunderbare authentische Sprache, die auch streckenweise schweinisch und blutrünstig sein kann, andererseits irritieren die seitenlangen Passagen, die von der Handlung wegzudriften scheinen.

Stichwort: Wolf Klaußner

Wolf Klaußner

Wolf Klaußner besuchte die Gymnasien in Ansbach und Nürnberg, studierte Anglistik in Erlangen und München und arbeitete als Lehrer und Übersetzer. Seinen Lebensunterhalt verdiente er als Leiter einer Fremdsprachenschule in Nürnberg. Mit 18 Jahren begann er Prosa zu schreiben. Als Autor von Romanen und Erzählungen ist er seit den 1970er Jahren hervorgetreten. Er beschäftigte sich unter anderem mit der Entstehung des Faschismus auf dem Lande. Er erhielt den Europäischen Jugendbuchpreis und 1997 den "Meistersingerbrief" des Werkkreises "Literatur der Arbeitswelt". Ab 2001 war er Mitglied des Pegnesischen Blumenordens.


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