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Zahnmedizin Zahnarztkosten: Lohnt es sich, die Kassenleistung zu ergänzen?

Bei etlichen Zahnbehandlungen übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten nicht oder nur teilweise. Da stellt sich die Frage, bei welchen Behandlungen es sich lohnt, eine Leistung aus eigener Tasche zu bezahlen und bei welchen die Krankenkassenleistung ausreicht. Tipps von Zahnarzt Dr. Dietmar Hellebrand.

Stand: 19.01.2024 12:39 Uhr

Krankenkassen bezahlen Leistungen beim Zahnarzt nur in begrenztem Umfang. Im Gesetzestext heißt es:

"Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten."

§ 12 SGB V (Wirtschaftlichkeitsgebot)

Das bedeutet, dass der Gesetzgeber Zahnärzte verpflichtet, stets die preiswerteste zur Verfügung stehende Maßnahme zu ergreifen. Diese wird von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Alle Behandlungen, die dieses Mindestmaß überschreiten, sind entweder zuzahlungspflichtig oder werden von den gesetzlichen Krankenkassen gar nicht bezuschusst.
Die Qualitätsanforderung für die Kassenleistung ist "ausreichend", entsprechend der Schulnote 4. Jeder, der mehr als die absolut notwendigste, billigste und ästhetisch mäßig anspruchsvolle Behandlung möchte, bewegt sich also zwangsläufig im Bereich von Zuzahlung oder kompletter Privatleistung.
Rein kosmetische Zahnbehandlungen sind grundsätzlich keine Kassenleistung.

Mehrkostenvereinbarung:

Entscheiden Sie sich für eine teurere Variante bei einer medizinisch notwendigen Zahnbehandlung, müssen Sie meist nicht die gesamte Rechnung aus eigener Tasche bezahlen. Die Krankenkassen übernehmen auch in diesen Fällen die Kosten bis zur Höhe der Regelversorgung und Sie müssen lediglich für die Differenz aufkommen. Wünschen Sie eine Behandlung, die über die Kassenleistung hinaus geht, schließt der Zahnarzt mit Ihnen eine Mehrkostenvereinbarung ab.

Professionelle Zahnreinigung

Grundsätzlich ist die professionelle Zahnreinigung keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Lediglich die Entfernung von hartem Zahnstein wird einmal jährlich von der Krankenkasse bezahlt.

"Das ist aus meiner Sicht nicht ausreichend und medizinisch auch sehr fragwürdig, weil nur die Entfernung von hartem Zahnstein zur Vermeidung der Entstehung von Karies und Parodontitis kaum bis gar nicht beiträgt."

Dr. Dietmar Hellebrand

Einige Krankenkassen bezuschussen zwar mittlerweile freiwillig die professionelle Zahnreinigung, aber nicht in voller Höhe und nicht alle gesetzlichen Kassen.

Zahnfüllungen

Bei den meisten gesetzlich versicherten Erwachsenen übernehmen die Krankenkassen die Kosten für Kunststofffüllungen nur bei den sichtbaren (Front- und Eck-) Zähnen und auch nur in moderater Qualitätsanforderung. Bei den anderen Zähnen zahlen die Kassen nur Amalgamfüllungen, da diese am preiswertesten sind.
Ausnahmen:
Bei Kindern unter 15 Jahren, Schwangeren, Stillenden, Personen mit Amalgam-Allergie sowie Patienten mit Niereninsuffizienz werden auch Kunststofffüllungen an den Seitenzähnen bezahlt, dies aber nur in einfacher Ausführung (beispielsweise ohne sogenannte Dentinadhäsive = Stoffe, mit denen der Zahn vor der Füllung vorbehandelt wird).

"In vielen Fällen sind Kunststofffüllungen (Kompositfüllungen) nicht nur das ästhetisch beste, sondern auch das zahnschonendste Verfahren. Bei größeren Defekten sind Keramikfüllungen das Mittel der Wahl, um den Zahn möglichst lange zu erhalten."

Dr. Dietmar Hellebrand

Zahnersatz

Bei Zahnersatz zahlen gesetzliche Krankenkassen einen Festzuschuss von 60 Prozent zu den anfallenden Kosten für die sogenannte Regelversorgung. Damit ist eine zweckmäßige Behandlung gemeint, die aus medizinischer Sicht ausreichend ist, zum Beispiel Klammerprothesen, einfache Brücken oder einfache Kronen.

Tipp: Bonusheft

Der Zuschuss zur Regelversorgung erhöht sich auf 70 Prozent, wenn die Patienten für die vorangegangenen fünf Jahre ein Bonusheft (Nachweis der jährlichen zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchung) vorlegen können. Auf 75 Prozent erhöht sich der Zuschuss, wenn das Bonusheft für die vorausgegangenen zehn Jahre lückenlos ist.

Gesetzlich Versicherte müssen folglich für die Regelversorgung zwischen 25 und 40 Prozent aus eigener Tasche zahlen. Zahnimplantate, höherwertiger herausnehmbarer Zahnersatz, hochwertige oder ästhetischere Kronen gehören nicht zur Regelversorgung und bedürfen daher der Zuzahlung. Der Großteil der Kosten - nicht selten ein vier- oder fünfstelliger Betrag - muss von den Patienten selbst übernommen werden.

"Kaum ein Patient wünscht sich zum Ersatz von vier oder mehr fehlenden Zähnen eine Klammerprothese, die sich zum Erhalt der verbliebenen Zähne oder im Tragekomfort sehr von höherwertigen Alternativen oder festsitzendem implantatgetragenem Zahnersatz unterscheidet. Und kaum jemand gibt sich mit der Ästhetik einer kunststoffverblendeten Krone auf einem Nicht-Edelmetallgerüst zufrieden, ganz zu schweigen von Halt, Komfort und Einschränkung der Lebensqualität der sogenannten Vollprothese bei zahnlosen Kiefern. Keine Zahnersatzregelleistung bietet mehr als ‚ausreichende' Versorgungsqualität."

Dr. Dietmar Hellebrand

Tipp: Härtefallantrag

Wer sehr wenig verdient oder Bürgergeld bezieht und Zahnersatz benötigt, kann bei seiner Krankenversicherung einen Härtefall-Antrag stellen. Dann kann der Zuschuss zur Regelversorgung 100 Prozent betragen.

Wurzelbehandlungen

Die Kosten für eine Wurzelbehandlung werden in einer moderaten Qualitätsanforderung dann von den gesetzlichen Kassen übernommen, wenn der Zahn als erhaltungswürdig eingestuft wird. Das ist in der Regel der Fall, wenn zu "wirtschaftlichen" Bedingungen eine solche Behandlung erfolgversprechend durchgeführt werden kann.

"Im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots ist nur eine einfache, in ihrem Ergebnis weniger erfolgversprechende Behandlung von den gesetzlichen Krankenkassen gedeckt. Modernere Verfahren bieten durch die präziseren Messtechniken im Wurzelkanal und Behandlungstechniken, die dichter und genauer abschließen oder überhaupt erst das Auffinden sämtlicher Kanäle ermöglichen, deutlich bessere Prognosen zum Erhalt des Zahnes."

Dr. Dietmar Hellebrand

Zudem sind Anforderungen seitens der gesetzlichen Kassen vorausgesetzt, wenn beispielsweise:

  • bei den hinteren Seitenzähnen durch die Wurzelbehandlung eine geschlossene Zahnreihe erhalten werden kann.
  • durch die Behandlung eine Zahnreihe nicht einseitig nach hinten verkürzt wird.
  • aufgrund der Wurzelbehandlung vorhandener Zahnersatz erhalten werden kann.

Liegen diese Kriterien nicht vor, zahlt die Kasse lediglich das Ziehen des Zahnes. Wollen Sie trotzdem eine Wurzelbehandlung, müssen Sie diese komplett selbst bezahlen.

"Ist mit modernen Verfahren der Erhalt des Zahnes wahrscheinlich und hat er in Hinblick auf Festigkeit und Restsubstanz eine gute Prognose, ist die bessere Wurzelkanalbehandlung und der dauerhafte Zahnerhalt immer die bessere Wahl."

Dr. Dietmar Hellebrand

Zahnzusatzversicherungen

Dieses finanzielle Risiko der Zahnbehandlungen kann - zumindest teilweise - mit einer Zahnzusatzversicherung abgefedert werden.

"Ich bin der Meinung, dass sich eine Zahnzusatzversicherung lohnt. Aber das ist ‚der Blick in die Glaskugel', weil es natürlich vom individuellen Lebensrisiko, der häuslichen Zahnpflege, der Lebenserwartung, den persönlichen Ansprüchen und vielem mehr abhängt. Grundsätzlich wünsche ich jedem meiner Patienten und all unseren Zuschauern, dass sich keine seiner abgeschlossenen Versicherungen jemals ‚lohnen' wird, weil das am Ende stets mit einem erfolgten Schaden oder Leiden in Verbindung steht."

Dr. Dietmar Hellebrand

Worauf Sie beim Abschluss einer Zahnzusatzversicherung achten sollen, lesen Sie hier.

"Bleiben Sie gesund!" wünschen Dr. Dietmar Hellebrand und "Wir in Bayern"!


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