MicDrop Brauchen wir die Pille für den Mann?
In unserer Meinungs-Rubrik Micdrop geht’s um kontroverse Themen. Reporterin Sabine Pusch geht diesmal der Frage nach: Brauchen wir eine Pille für den Mann?
Im Tierreich gibt es sie längst: hormonelle Verhütung für das männliche Geschlecht. In der Tierklinik Ismaning trifft Sabine Pusch auf den Rüden Loki, der schon mal einen Hormonchip zur Verhütung bekommen hat – quasi die Pille für den Mann!
"Der befeuert eben das Tier mit einem Hormon, um den Testosteronspiegel zu senken. Dadurch wird die Spermienproduktion reduziert, die Hoden werden kleiner. Die Fruchtbarkeit kommt wieder, nachdem die Wirkung von dem Chip nachlässt. Das merkt man auch an der Reaktion des Hundes, die werden dann wieder etwas aufgedrehter."
Dr. med. vet. Susanne Sauter, Tierärztin, Tierklinik Ismaning
Pille für den Mann: abgebrochene Studie aufgrund von Nebenwirkungen
Braucht es die Pille für den Mann?
Eigentlich wäre es ja gerecht, wenn beide Geschlechter hormonell verhüten. Bei uns Menschen bleibt die Sache mit der Pille dagegen an den Frauen hängen. Dabei könnte es hormonelle Verhütung für Männer längst geben – eine Hormonspritze aus Testosteron und Progesteron wurde schon 2008 in einer Studie erprobt, über 90% der Probanden waren zufrieden. Trotzdem hat die WHO die Studie aufgrund der Nebenwirkungen abgebrochen. Das hat auch viele Forscher vor den Kopf gestoßen. Am Klinikum Großhadern trifft Sabine Pusch den Andrologen Julian Marcon. Er erklärt ihr, um welche Nebenwirkungen es damals ging.
"Nebenwirkungen bei testosteronähnlichen Substanzen sind zum einen Stimmungsschwankungen, Hautunreinheiten. Ein unbehandelter Brust- oder Prostatakrebs wäre wegen des Hormonaktiven Einflusses auf die Krankheit eine Kontraindikation, das heißt diesen Patienten könnte man das nicht ohne weiteres geben. Das gleiche gilt für Patienten, die hämatologische, also Bluterkrankungen hätten, die solche Formen annehmen, dass es zu Thrombosen oder Embolien kommen kann."
PD Dr. med. Julian Marcon, Androloge, Klinikum Großhadern
Pille für die Frau: Welche Nebenwirkungen gibt es?
Aber kann nicht auch die Pille für die Frau viele Nebenwirkungen haben? Prof. Thaler leitet das Kinderwunschzentrum am LMU-Klinikum und sagt: die Pille für die Frau ist sehr sicher. Aber als Frauenarzt erlebt er auch die Nebenwirkungen, wie Thrombosen.
"Eine Thrombose in den Beinen ist etwas sehr unangenehmes. Das kann auch ganz schlimm werden, wenn nämlich dieses Gerinnsel sich losreißt und in die Lunge geht."
Prof. Dr. med. Christian J. Thaler, Gynäkologe, Klinikum Großhadern
Um so wichtiger wäre es doch, dass auch die Forschung im Bereich der männlichen Verhütung vorangetrieben wird. Zumal auch alternative Formen wie die thermische Verhütung mithilfe von Ringen sich nicht wirklich durchgesetzt hat.
Neue Forschung: Pille ohne Hormone
Aber jetzt gibt es auch einen ganz neuen Ansatz für eine Pille, die ohne Hormone funktioniert.
"Was natürlich einen Durchbruch darstellt, insofern, als dass es sich bei dieser Therapie um eine On Demand-Therapie handeln würde. Das heißt: Auf Knopfdruck unfruchtbar sein, auf Knopfdruck wieder fruchtbar sein. Das ist etwas, das es bisher nicht gab."
PD Dr. med. Julian Marcon, Androloge, Klinikum Großhadern
Pille für den Mann: Ein Protein könnte die Bewegung der Spermien blockieren.
Eine der Forscherinnen hinter der neuen Pille ist Dr. Melanie Balbac, die an der New Yorker Cornell University forscht. Damit Spermien schwimmen, müssen sie von einem Protein aktiviert werden. Die neue Pille blockiert dieses Protein. Bei Mäusen funktioniert das schon sensationell.
"Wenn ich eine einzige Injektion den Mäusen gebe, dann reicht das schon aus, um die Spermien nicht mehr schwimmen zu lassen. Und bevor wir dann richtige klinische Studien an Männern durchführen können, müssen wir es noch in einem zweiten Tiermodell zeigen."
Dr. med. Melanie Balbach, Pharmakologin, Cornell University, New York
Ein paar Jahre müssen wir uns aber auf jeden Fall noch gedulden, bis die Pille für den Mann auf den Markt kommen könnte.