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Mit einem Astrophysiker durch die Dauphiné Unterwegs mit Thomas Dauser in einer wilden Alpenregion

Die Dauphiné, auch bekannt als das Ecrins-Massiv, gilt als eine der wildesten Ecken der Alpen. Wer dorthin Bergsteigen will, muss weite Zustiege in einsamer Landschaft einplanen. Dafür locken namhafte Gipfel wie die Meije oder die Barre des Ecrins, der südlichste Viertausender der Alpen. Die Dauphinè an der Seite eines Kletterers zu erkunden, der Profi sein könnte, aber lieber Hobbybergsteiger bleibt und hauptberuflich als Astrophysiker forscht, ist ein ganz besonderes Erlebnis.

Von: Kilian Neuwert

Stand: 27.07.2023

Dauphiné Thomas Dauser: Pointe d'Amont Nordpfeiler | Bild: BR/Kilian Neuwert

Während draußen die Sonne hinter den Bergen versinkt, hat sich die Hüttenwirtin auf dem Refuge de la Selle vor ihre Gäste gestellt. Die Letzten sitzen noch beim Nachtisch, während sie den Wetterbericht vorliest.

Am nächsten Morgen bin ich unterwegs an der Seite der beiden Alpinisten Daniel von Essen und Thomas Dauser. Daniel steht am Stand, sichert Thomas, der irgendwo von oben herunterruft, wie viel Seil er noch hat. Dann erreicht er einen Standplatz und kann Daniel nachsichern. Früh sind wir aufgebrochen auf dem Refuge de la Selle. Jetzt klettern wir hoch über dem, was noch übrig ist von den Gletschern im Tal.

Eines der Ziele: Der Nordpfeiler der Pointe d’Amont

Thomas steigt vor – am mal gelblichen, mal grauen Granit des Nordpfeilers der rund 3300 Meter hohen Pointe d’Amont. Die Tour ist abgelegen, der nächste größere Ort weit entfernt. 1200 Höhenmeter geht es durch ein einsames Tal zur Hütte, dann rund eineinhalb Stunden über Moränen und Gletscherreste zum Einstieg der Klettertour. Nach leichten Passagen warten Seillängen im fünften Grad. Für die Absicherung müssen die Kletterer selbst sorgen. Haken stecken kaum auf der über 500 Meter langen Route. Vergleichbar ist die Tour vielleicht am ehesten mit der Nordkante am Piz Badile – nur ist sie weit weniger bekannt bei uns. Das liegt möglicherweise allein an ihrer abgeschiedenen Lage in der fernen und wilden Dauphiné, im äußersten Südwesten der Alpen.

Thomas sind mehrere 9a-Routen gelungen. Das ist Profi-Niveau im Sportklettern. Doch er lebt nicht vom Bergsteigen – er ist Astrophysiker

Thomas Dauser taugt das, denn er liebt das – wie er es nennt – Gesamtpaket im Alpinismus. Viele große Alpenwände hat er durchstiegen. Routen wie „Voyage selon Gulliver“ am Grand Capucin oder die Amerikanische Direkte in der Petit Dru-Westwand stehen in seinem Tourenbuch. Er war im Fitz-Roy-Massiv in Patagonien unterwegs und ihm sind mehrere 9a-Routen gelungen - das ist der elfte Grad im Sportklettern, Profiniveau. Doch auch wenn das alles nach den besten Voraussetzungen klingt, um irgendwie vom Bergsteigen zu leben, will Thomas bei seinem Brotberuf bleiben und nur zum Spaß ins Gebirge gehen. Er ist promovierter Astrophysiker und forscht an der Universität Erlangen-Nürnberg an schwarzen Löchern.  Geplant war dieser Werdegang mit dem Wechselspiel zwischen Forschung und Alpinismus nicht. Es hat sich so ergeben, sagt Thomas. Doch mit seiner Stelle an der Uni hat er beste Voraussetzungen, um nah an den Felsen des Frankenjuras zu leben und zu arbeiten.

Auch wenn Thomas Dauser der Nordpfeiler an der Pointe d’Amont, einem Dreitausender in der Dauphiné, nicht wirklich herausfordert, kann er die Tour im fünften Schwierigkeitsgrad sichtlich genießen. Vor allem als er mit Seilpartner Daniel den Gipfelgrat erreicht – mit Blick auf die Barre des Ecrins in der Nachbarschaft, den südlichsten Viertausender der Alpen. Denn für Thomas zählt vor allem das Erlebnis.

Karte: Dauphiné

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