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Hexen-Berg Auf dem Harzer Hexenstieg

Der Sage nach ist der Brocken im Harz ein beliebter Versammlungsort für Hexen, vor allem in der Walpurgisnacht. Kein Wunder also, dass der Brocken auch ein Etappenziel auf dem Harzer Hexen-Stieg ist. Der über 90 Kilometer lange Weitwanderweg führt durch das norddeutsche Mittelgebirge.

Von: Folkert Lenz

Stand: 28.04.2023 | Archiv

Auf dem Harzer Hexensteig | Bild: BR; Folkert Lenz

Wer von Osterode am Rand des Harzes in die Wälder der Clausthaler Hochfläche aufsteigt, der entdeckt an der Peripherie der ehemaligen Bergwerksstadt Clausthal-Zellerfeld immer wieder silbrig blinkende Teiche.

Der Forst hier ist mit seinem dunklen, düsteren Fichtengrün typisch für den Harz. Doch zwischen den Baumstämmen scheint es überall zu rinnen und zu plätschern. Es ist eine menschengemachte Seenlandschaft meint der Kulturhistoriker Manfred Reiff.

Einst benötigte man Sammelgräben und Leitungsgräben, um das Wasser aus den Hochbereichen des Harzes, wo sehr viel Wasser vorhanden war, aber kein Bergbau, zu sammeln und dann auf die Clausthaler Hochebene zu leiten.

Reiff hat sich ausgiebig mit der Oberharzer Wasserwirtschaft beschäftigt. Das Wasser war die wichtigste Energiequelle für den Bergbau über Jahrhunderte hinweg. Wasserräder hoben die Förderkörbe mit dem Erz, bewegten die Hämmer der Pochwerke, in denen das Gestein zerkleinert wurde, und trieben Pumpen an, um die Schächte trocken zu halten. Das System aus Gräben und Kunstteichen zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe. Aber auch dem Wanderer hat es einiges zu bieten, da man immer am Wasser entlang wandert, mit wenig Steigungen und tollen Ausblicken in die Ferne.

So geht es weiter in Richtung Torfhaus. Während der Teilung Deutschlands war das kleine Bergdorf auf fast 800 Meter Höhe die höchste Siedlung im Westharz. Wer den Ort verlässt, der steht mitten im Großen Torfhausmoor und bekommt sofort nasse Füße, wenn er nicht auf den Wanderpfad achtet, warnt der Biologe Gunter Karste. Das Torfhausmoor ist ein weitgehend ungestörtes Moor und aufgrund seines Niederschlagsreichtums einzigartig für mitteleuropäische Verhältnisse. Selbst auf den Bergkämmen bildet sich Hochmoor.

Ein Holzbohlenweg führt über das tückische Gelände mit seinen grundlosen und schlammigen Wasserlöchern. Dann erreicht der Harzer-Hexen-Stieg den Quitschenberg. Hier bietet sich ein trostloser Anblick: Fichtengerippe und Baumleichen soweit das Auge reicht. Schuld ist der Borkenkäfer, der die Nadelbäume auf dem Gewissen hat. Denn im naturbelassenen Schutzgebiet durfte der Schädling jahrelang wüten. Nationalpark-Ranger wie Andreas Pennig müssen den Touristen heute erklären, welch ökologisches Drama sich hier abgespielt hat. Viele heiße Sommer waren Stress für die Fichte, Naturkatastrophen wie der Sturm Kyrill kamen dazu. Wenn Baumbestände flächig vom Sturm umgeworfen werden, dann hat der Borkenkäfer ein leichtes Spiel.

Bald nach dem Quitschenberg ist die Brockenstraße erreicht, die bis auf den höchsten Harzgipfel führt. Bäume gibt es hier nicht mehr, denn die blanke Kuppe auf 1141 Meter Höhe soll der windreichste Ort Deutschlands sein. Der Hexen-Stieg aber ist hier noch lange nicht zu Ende. Nach Drei-Annen-Hohne geht es steil hinunter. Kurz vor Königshütte öffnet sich die Landschaft, alles wird grüner und heller. Alte Buchenmischbestände wechseln mit richtig starken Eichen und verleihen der Landschaft ein wenig Urwaldcharakter. Kommt eine 200-jährige Buche aus Altersgründen zu Fall, dann gibt das besten Humus für die nächste Baumgeneration.

Nächstes Etappenziel ist die Bode. Dunkelbraun fließt sie dahin, scheinbar zäh wie Quecksilber. Der kleine Fluss hat seinen Ursprung in den torfigen Mooren unterhalb des Brocken. Zwischen Treseburg und Thale hat sich die Bode tief in Granit und Hornfels gefressen. Knapp 300 Meter hohe Wände säumen die Schlucht, die bisweilen auch als „Grand Canyon des Harzes“ bezeichnet wird.

Die letzten Kilometer des Hexen-Stiegs führen bis nach Thale, wo die Bode das Harzgebirge verlässt. Wer nach mehreren Wandertagen den Hexen-Stieg in Thale beendet, der mag an Heinrich Heine denken. Der deutsche Dichter soll bei seiner Harzreise 1824 im Gipfelbuch des Brockens notiert haben: „Sicht keine, lahme Beine, nur Steine, saure Weine.“

Karte: Osterode

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Karte: Osterode


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