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Der Thanaihof im Matscher Tal Südtiroler Bergbauernhöfe zwischen Tradition und Moderne

Sie sind archaisch, anmutig und meist sehr abgelegen – alte Bergbauernhöfe in Südtirol. In unserer Bayern 2-Rucksackradio-Sommerserie stellen wir Ihnen ausgewählte Bergbauernhöfe vor. Heute der Thanaihof im Matscher Tal.

Von: Andrea Zinnecker

Stand: 15.07.2017

Der Thanaihof im Matscher Tal  | Bild: BR; Andrea Zinnecker

Zwischen Mals und Schluderns im Vinschgau zieht sich das Matscher Tal nach Nordosten bis zur Weißkugel und den Ötztaler Alpen hin. Schon im 5. Jahrhundert wurde es von den Kelten besiedelt, dann von den Rätoromanen. Von ihnen stammt auch der Name: Matsch kommt von „amatia“, lieblich, wohl der vielen saftigen Bergwiesen wegen. Im Matscher Tal steht zudem die älteste Taufkirche des Vinschgaus. Um das Jahr 1200 herum lebten bereits 100 Familien in diesem abgelegen, hochalpinen Tal. Die Glies- und Thanaihöfe im hintersten Matscher Tal gelten als Urhöfe und sind noch heute erhalten. Eine besonders interessante Geschichte hat der 1824 Meter hochgelegene Thanaihof.

Am Blumenschmuck hängt das Herz von Susanne

Es ist das liebevoll gestaltete bunte Blumenreich rund um den Thanaihof, das zuerst auffällt. Die Blumenpracht ist ein Steckenpferd von Bergbäuerin Susanne. Seit 2005 gibt es auch Ferienwohnungen auf dem schmucken Thanaihof. 1996 wurde er an alter Stelle neu gebaut. Feuer und schlechte Bausubstanz haben von den einst drei Thanai-Höfen nichts mehr übrig gelassen - außer ihrer Geschichte.

Das Bergbauernpaar Günther und Susanne

Wer Thanai, Daney, Donay oder ähnlich heißt, hat seine familiäre Wurzel in diesem Bergbauernhof im hintersten Matscher Tal. Von hier aus hat sich das Geschlecht der Thanai in alle Welt verzweigt. Prominentestes Familienmitglied ist der Kapuzinerpater Josef Danay. Als Privatsekretär von Andreas Hofer hat er dafür gesorgt, dass der Vinschgau von den napoleonischen Streitkräften nicht geplündert und verwüstet wurde. Zweihundert Jahre später aber hat dann der Urgroßvater der Thanai-Familie den Hof im Wirtshaus beim Pokern verspielt. Davon erzählt heute noch die inzwischen 100 Jahre alte Tochter, berichtet Susanne. Sie arbeitet nachts als Altenpflegerin in Mals und kennt die alte Dame. 14 Kinder hat die Familie damals gezählt, die dann auf einem Nachbarhof Unterschlupf fand. Nachbarschaftshilfe wird noch heute großgeschrieben, sagt Günther Thanai, der gerade von einem „Einsatz“ zurückkommt. Auf einer höhergelegenen Alm war ein Kalb abgestürzt, das nun verletzt geborgen werden musste.

Die Kalten Wiesen

Der Thanai-Hof ist acht Hektar groß und umfasst fast ausschließlich „steinreiche“ Bergwiesen. Heute werden die Steine maschinell aus den Wiesen planiert, früher musste das per Hand gemacht werden, vor allem oben auf den Kalten Wiesen, die über 2000 Meter hinaufreichen und so heißen, weil hier stets eine kühle Luft von den Gletschern herabweht. Deshalb wurden die Kalten Wiesen die Jahrhunderte über auch als „Kühlschrank“ genutzt. Es wurden Erdlöcher gegraben und die Vorrätedarin aufbewahrt. Strom gibt es, man glaubt es kaum, erst seit Weihnachten 1980 auf dem Thanaihof. Günther war damals 12 Jahre alt und erinnert sich noch gut, was es für eine Erleichterung für seine Mutter war, dass sie nun im Winter die Wäsche nicht mehr draußen im Brunnen waschen musste. Zuallererst wurde eine Waschmaschine angeschafft, dann kam der Kühlschrank und danach der Fernseher – und so waren die gar nicht so guten alten Zeiten vorbei auf dem Thanaihof.

Blick zum Kirchdorf Matsch

Der Vater von Günther Thanai war noch als Kornträger von Hof zu Hof unterwegs. Brennsuppe, Muas und Riebl gab es tagaus tagein. Heute schwingt ein wenig Nostalgie mit, wenn sich die Familienmitglieder einen „Riebl“ von der Großmutter wünschen, einen Maismehlbrei mit Kartoffeln und Rahm. Wie es mit dem Thanaihof in Zukunft weitergeht, ist noch ungewiss. Die nächste Generation steckt noch in den Kinderschuhen, doch die 12jährige Tochter könnte sich schon vorstellen, den Hof weiter zu führen, weil sie so sehr die Tiere liebt. Mehr Informationen zum Thanaihof und den Ferienappartements gibt es unter www.thanaihof.com

Am Sonntag nächster Woche, am 23.Juli, wird in Matsch übrigens groß gefeiert: Der 1580 Meter hochgelegene Ort wird Südtirols erstes Bergsteigerdorf! Dank – wie es heißt – authentischem Ortsbild, intakter Natur, umweltverträglicher Mobilität und hoher Alpinkompetenz. Durch das Matscher Tal führen nicht nur zwei Etappen des Vinschger Höhenwegs, sondern auch zahlreiche Waalwege, Alm- und Höfe-Wanderungen sowie anspruchsvolle Zustiege zu den Dreitausendern der Ötztaler Alpen.

Karte: Der Thanaihof im Matscher Tal

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Karte: Der Thanaihof im Matscher Tal


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