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Werbung im Fernsehen Start der Fernsehwerbung 1956

Am 3. November 1956 gab es eine kleine Sensation: Das Bayerische Fernsehen sendete Werbung – zum allerersten Mal im deutschen Fernsehen. Für die Befürworter war es eine Bereicherung, für die Kritiker ein Sündenfall.

Von: Ursula Zimmermann

Stand: 13.03.2024 | Archiv

Das Urpaar der ersten Stunde: Liesl Karlstadt und Beppo Brem. Beide speisen in einem vornehmen Restaurant, als Beppo dummerweise der Braten auf´s weiße Tischtuch schnalzt. Die Gattin schimpft, der Ober beschwichtigt. Alles halb so schlimm, man habe ja Persil im Haus.
Dass der erste Werbespot für ein Produkt aus dem Hause Henkel warb, war kein Zufall: Der BR wollte auf dem Wendelstein einen Sender bauen. Das Gipfelgrundstück gehörte aber der Firma Henkel. Um es pachten zu können, versprach der BR, falls im Fernsehen Werbung eingeführt würde, den ersten Spot einem Henkel-Produkt vorzubehalten.
Am 15. März 1954 hatten schließlich der Bayerische Rundfunk und die Firma Persil GmbH Düsseldorf einen Vertrag über die Vermietung eines Grundstückes auf dem Wendelstein zur Errichtung von Sendeanlagen geschlossen.
So startete 1956 die erste Werbefernsehsendung mit Beppo Brehm, Liesl Karlstadt und Persil, einem Produkt aus dem Hause Henkel.

Gestern und heute: Branchen in der Werbung

1958 hatten folgende Branchen den größten Anteil am Werbefilm-Programm:
Kosmetik und Körperpflege, Textilien, Wasch- und Reinigungsmittel, Elektrogeräte, Nahrungs- und Genussmittel sowie alkoholische Getränke. Quelle: SZ vom 11.9.1959

2023 sind die Top-Branchen in der Werbung im TV (gerankt nach Umsatz):
Körperpflege gefolgt von Ernährung, Dienstleistungen, Medien, Handel und Gesundheit+Pharmazie. Quelle: Nielsen

  

Nette Bereicherung des Programms

Bis 1956 der erste Werbespot über den Bildschirm flimmern konnte, gab es bundesweit starken Gegenwind. Politiker, Zeitungsverleger, Journalisten und Rundfunkanstalten diskutierten kontrovers. Die Kritiker befürchteten, durch Werbung könne das Niveau der Programme absinken und die Unternehmen Einfluss gewinnen. Die Verlegerverbände hielten private Wirtschaftswerbung bei den öffentlichen Rundfunkanstalten für nicht vereinbar mit deren öffentlicher Aufgabe, liest man im August 1956 im Oberbayerischen Volksblatt. Sie sahen dies als rechtswidrig an und zogen vor Gericht - langfristig aber ohne Erfolg.

BR-Fernsehdirektor Clemens Münster

Der BR-Fernsehdirektor Clemens Münster dagegen hielt ein gut gestaltetes Werbefernsehen mit einem attraktiven Unterhaltungsprogramm  für eine „nette Bereicherung des Gesamtprogramms“. Er betonte,  mit der Fernsehwerbung auf keinen Fall finanziellen Profit herausschlagen zu wollen, sondern die Überschüsse kulturellen Zwecken und Organisationen zu spenden.
Am 4. Mai stimmte der BR Rundfunkrat der Einführung des Werbefernsehens zu. Das Gremium war der Auffassung, Fernsehwerbung sei nicht mehr aufzuhalten und wäre bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten am besten aufgehoben.
Im Juni 1956 gründete sich die Bayerische Werbefernsehen GmbH, eine Tochtergesellschaft des BR .

Das kleine Format: "Zwischen halb und acht"

Am 3. November strahlte die Bayerische Werbefernsehen GmbH zum ersten Mal in der Bundesrepublik Fernseh-Werbung aus. "Zwischen halb und acht" war die Sendezeit und gab dem sogenannten kleinen Format auch seinen Namen. Zwischen den Werbespots wurden kleine, kostengünstig produzierte Sendungen eingestreut. Neben Sportformaten und Serien gab es Quizspiele wie „Alles oder Nichts“ oder „Die ideale Frau“.

Diese Sendung beispielsweise wurde von Fred Rauch moderiert. Eine strenge Jury ermittelte anhand von Quizfragen, Haushaltswissen, Kochkünsten, Modetipps aus mehreren Kandidatinnen die ideale Frau - das Ganze eingebettet in leichte Musik und aufgelockert durch Auftritte von Stargästen. Die neue Programmform sollte unterhalten und elegant die Programmlücke zwischen der Münchner Abendschau und dem Beginn des ARD-Gemeinschaftsprogrammes schließen. Die Programmgestaltung war derart erfolgreich, dass sich schon nach kurzer Zeit weitere Sender wie der Sender Freies Berlin, der Südwestfunk oder auch der Hessische Rundfunk an dem Programm beteiligten.

Werbelöwe Leo

Star der ersten Stunde war ein Löwe im blauen Rautenhemdchen. Der Zeichner Johannes Behler rief Leo mit dem Zauberschweif, wie das Werbemaskottchen des BR offiziell hieß, ins Leben. Anfangs war es Leos Aufgabe, die Werbeblöcke vom redaktionellen Programm zu trennen. Später setzte ihn der BR als Träger für unterschiedliche Kampagnen wie Verkehrserziehung und Umweltschutz ein. Und wie mit seinen Aufgaben passte Werbelöwe Leo auch seine Optik und sein Styling dem jeweiligen Geschmack der Zeit an.


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