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Passau-Korrespondentin Katharina Häringer "Mehr Zeit für Geschichten"

Berichterstattung in Corona-Zeiten ist oft eine Gratwanderung. Welches Risiko ist vertretbar? Was muss organisiert werden, damit das Risiko klein bleibt? Katharina Häringer, Korrespondentin im BR-Studio Passau, über ihren Alltag in der Krise.

Von: Michael Peer, Ursula Zimmermann (Unternehmenskommunikation)

Stand: 24.04.2020

Katharina Häringer beim morgendlichen Einpacken der Mikrofone | Bild: privat

Frau Häringer, was hat sich in Ihrem Alltag verändert?

Mir fehlt mein Korri-Kollege Martin Gruber. Wir haben sonst Hand in Hand gearbeitet. Seit sechs Wochen teilen wir uns auf. Er arbeitet vom Büro aus, ich von zuhause. Wir telefonieren mehrmals am Tag, stimmen uns über jeden Schritt, jeden Dreh, jeden Themenvorschlag ab, aber auch über Fragen wie: Wer braucht Desinfektionsmittel? Wer braucht gerade die Tonangel? Wer braucht das Mikrostativ oder das Licht etc.? 

Was ist derzeit die größte Herausforderung?

Unsere Korrespondentin in Passau

Katharina Häringer berichtet zusammen mit ihrem Kollegen Martin Gruber aus dem BR Studio Passau. Mehr Infos zum Studio gibt es hier.

Beim Dreh Sicherheitsabstand zu halten. Mir fällt auf, dass einige Protagonisten mit der Zeit, wenn sie Vertrauen gefasst  haben, automatisch immer näher kommen. Vor kurzem drehte ich bei einer Familie und hatte keinen Mundschutz auf, weil sonst das vierjährige Kind keinen Satz gesprochen hätte. Ich hielt Abstand, das Mädchen am Ende des Drehs aber nicht mehr. Es ist eine Gratwanderung, jeden Tag aufs Neue zu entscheiden: was brauche ich für die Geschichte und welchem Risiko setze ich mich aus?

Gibt es Vorbehalte? Ist es nun schwerer jemanden zu interviewen?

Nein, nicht unbedingt. In sechs Wochen ist mir nur eine Geschichte weggebrochen, gleich zu Beginn der Kontaktsperre. Die Protagonistin hat eine Vorerkrankung und wollte mich nicht mehr empfangen. 

Gibt es nur noch Corona-Themen?

Ja, leider. In sechs Wochen Pandemie konnte ich bislang nur ein Nicht-Corona-Thema machen. 

Wo wurden Sie erfinderisch?

Für eine Geschichte in einem Altenheim brauchte ich Bilder von drinnen. Also habe ich der Heimleiterin erklärt, wie man mit dem Handy dreht und welche Einstellungen ich brauche. Sie hat wunderbar mitgemacht und für mich gedreht und auch die Bilder waren brauchbar. Das war toll!

Bringt diese Zeit auch etwas Gutes für Sie?

Weil es so gut wie keine Termine und damit keinen "Pflichtstoff" gibt, den man abarbeiten muss, kann ich nach einem Dreh/nach einer Aufnahme mit dem Protagonisten oder der Protagonistin auch einfach nur mal 10, 15 Minuten plaudern und mir anhören, was die Person sonst noch so bewegt. Dadurch habe ich mehr Zeit für Geschichten und muss nicht so hetzen.

Ich bekomme nach fast allen Treffen Feedback von den Leuten. Sie bedanken sich für das schöne Gespräch. Mehr Zeit für die Geschichten habe ich auch, weil den Geschichten mehr Absprachen und eine größere Planung vorausgehen als sonst. Wir legen Themen mit mehr Vorlauf an, damit nicht an einem Tag mehrere Geschichten mit dem selben Dreh aus verschiedenen Regionen gemacht werden. Von-jetzt-auf-gleich-Geschichten kommen nicht mehr so oft vor. Das ist beides sehr schön. 


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