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Veränderungen Sexualität im Alter ist anders

Sexualität ändert sich das ganze Leben lang – derselbe Mensch kann als Teenager, junger Erwachsener, Elternteil oder als Single mit 50 oder 70 ganz unterschiedliche Wünsche haben und sexuell aktiv sein.

Von: Uli Hesse

Stand: 12.09.2019

Ein Mann und eine Frau, ca. 60 Jahre alt, liegen (noch angezogen) auf einem Bett und streicheln sich gegenseitig. | Bild: picture-alliance/dpa

Es sind daher nicht nur die großen Lebensveränderungen, die sich auf die Sexualität im Alter auswirken: Menopause, Ruhestand, Operationen oder chronische Krankheiten, Tod des Partners. Es ist ein fortlaufender Prozess, bei dem man sich immer wieder neu anpassen muss.

 Individuelle Lösungen

Nach den Wechseljahren besteht bei Frauen wie auch bei Männern eine völlig andere hormonelle Situation. Bei Frauen werden die Schleimhäute in der Vagina empfindlicher, Männer haben möglicherweise Erektionsschwierigkeiten oder können eine Erektion weniger lange halten. 
Aber wie man damit umgeht und diese Einschränkungen in seine oder ihre persönliche sexuelle Geschichte einbaut, ist sehr individuell.

Tabuthema Sex im Alter

Jüngere Menschen, vor allem die eigenen Kinder, können sich häufig gar nicht vorstellen, dass Senioren auch im sehr hohen Alter noch sexuell aktiv sind – und vielleicht mehr als sie selbst. Gemeinhin stellt man sich Rentner vor, die auf der Bank sitzen und glückselig Händchen halten. Keiner muss heute jedoch mehr mit Hemmungen in die Apotheke gehen und sich neugierigen und möglicherweise verurteilenden Blicken aussetzen. Der Online- und Versandhandel erleichtert den Kauf nicht nur von Viagra, sondern auch von Feuchtigkeitscremes für die Scheide, Sexspielzeug und allem, was das sexuelle Glück unterstützt und die Lust steigert. 

Chance für Frauen

Gerade viele Frauen haben ihr Leben lang gehört: Fass dich dort unten nicht an, guck dort nicht hin. Die Vagina wird verschwiegen – die meisten Frauen sind nicht stolz darauf, empfinden sie nicht als schön oder wunderbar. Wer in einer solch negativen sexuellen Atmosphäre aufwächst, hat es oft schwer, Lust zu empfinden. 

"Kinder zu haben, ist einfach; das ist eine Aufgabe die von der Gesellschaft anerkannt wird. Aber das ist irgendwann vorbei. Und dann kommt nämlich genau die Frage: Werde ich jetzt einfach alt und traurig oder starte ich nochmal durch und entdecke sozusagen meine Vagina neu, meinen Körper neu. Und das ist natürlich eine Riesenchance."

Kirsten Benthack, profamilia

Routine und Abenteuer

In Langzeitbeziehungen besteht immer die Gefahr, dass vieles zu Routine wird. Das gibt es aber schon bei Paaren, die sich als Teenager kennenlernen und sich mit 35 Jahren dann langweilen. Dagegen ist jemand, der sich mit 60 neu verliebt, ganz anders unterwegs. Es geht dabei weniger um das Lebensalter, als um die Dauer der Beziehung. Manche schaffen sich ein Motorrad an, andere testen sexuelle Varianten aus, um die Langeweile zu durchbrechen.

"Wir empfehlen, miteinander zu reden. Richtig zu reden. Viele Paare sind nicht mehr wirklich in Kontakt und leben nebeneinander her. Wenn ich mich dagegen richtig austauschen kann, bleibt es spannend. Dann erfahre ich, wie der andere Dinge erlebt und wie er sich fühlt. Dann hat man noch eine weitere Ebene, die verbindet, außer dem öden Alltagsleben mit all seinen Wiederholungen. Und das hilft zu einem erfüllten Sexleben."

Kirsten Benthack, profamilia

Trennung

Viele Frauen warten, bis die Kinder erwachsen sind und auf eigenen Füßen stehen, um sich dann zu trennen - wenn sie das Gefühl haben, jetzt können sie diesen Schritt noch wagen. "Jetzt bin ich schon so lange unzufrieden – wenn nicht jetzt, wann dann?" Wenige warten damit, bis sie 70 oder 80 Jahre alt sind. Das gleiche gilt übrigens auch für Männer. 

Homosexualität und andere Ausprägungen von Sexualität

Sexualität ist eine lebenslange Entwicklung, und gerade in Krisenzeiten stellt man vieles in Frage. Es geht immer darum: Was erregt mich eigentlich? Das ändert sich im Laufe des Lebens – wir fahren mit 20 Jahren auf etwas Anderes ab als mit 30, 60 oder 80 Jahren. Und dazu kommt natürlich die Frage: Wer erregt mich eigentlich? Mein eigenes oder das fremde Geschlecht? Das führt dazu, dass auch ältere Menschen entdecken, dass sie homo- oder bisexuelle Gefühle haben und sich (auch) vom eigenen Geschlecht angezogen fühlen. Für manche kommen diese Gefühle ganz überraschend, andere haben schon lange damit gelebt, ohne sie jemals auszuleben.

"Viele trauen sich gar nicht darüber nachzudenken. Aber mit zunehmendem Alter wird man ja im günstigsten Falle auch sexuell selbstsicherer und traut sich dann Sachen auszuprobieren, an die man früher gar nicht gedacht hat."

Kirsten Benthack, profamilia

Beratungsstellen, zum Beispiel auch von profamilia, geben hier die Möglichkeit, sich zu informieren und sich über die eigene Situation klarer zu werden.


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