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Das Gegengift zur Debatte Hoch lebe die Drag-Show „Viva la Diva“!

Die Debatte um eine Drag-Lesung für Kinder in der Münchner Stadtbibliotek machte deutschlandweit Schlagzeilen: CSU- und Freie-Wähler-Politiker hatten ein Verbot der Veranstaltung gefordert. Paula Lochte findet, das beste Gegenmittel in dieser vergifteten Diskussion ist die Fernsehsendung „Viva la Diva“.

Von: Paula Lochte

Stand: 26.06.2023

Fernsehmoderator Sükrü Pehlivan tritt als Dragqueen Boobie Gold in der Fernsehsendung "Viva la Diva" auf. Er trägt ein rotes Kleid zu weißen Haaren und einem Hut aus Lampen. | Bild: RTL / Frank W. Hempel

„Ladies and Gentlemen, herzlich willkommen zur schönsten aller Shows! Hier ist: ‚Viva la Diva‘! Hier werden aus sechs Stars und Publikumslieblingen kunstvolle Dragqueens gemacht. Aber wer steckt dahinter? Da ist das ganz große Geheimnis, das wir heute zusammen mit Ihnen lüften werden“, begrüßt uns Moderator Tim Mälzer. Und wenn es eine Show gibt, der man diese Selbstherrlichkeit verzeiht, dann ist es diese. Mehr noch, plötzlich purzeln immer neue Superlative aus einem heraus: Wann war Fernsehen je so unterhaltsam, so menschenfreundlich, so humoristisch humanistisch?

Wann war Fernsehen je so so menschenfreundlich?

In der RTL-Show „Viva la Diva“ rätseln zwei Rateteams und das Publikum, wer sich hinter all den Perücken, Make-up-Schichten und Performances verbirgt. In jeder Folge verwandeln sich sechs Prominente in Dragqueens. Und zwar Stars und Sternchen, die meist männlich und heterosexuell sind, die also mit hohen Schuhen und Queerness bisher in etwa so viele Berührungspunkte hatten wie mit Astrophysik und Alpensalamandern.

Alle Spice Girls in einer Dragqueen: Wer steckt hinter diesem Auftritt bei „Viva la Diva“?

Doch egal ob Schauspieler, Fußballer oder Formel-1-Reporter – sie alle ziehen sich den Schuh an und stolzieren, tanzen und lipsyncen auf hohen Hacken als hyperfeminine Draqueens. Sie werfen sich auf den Bühnenboden, flirten mit ihren Backgroundtänzern, machen Hebefiguren – und jede Menge Quatsch. Und zwar mit großer Ernsthaftigkeit. So sagt Fernsehmoderator Sükrü Pehlivan zu seiner Motivation, bei der Show mitzumachen: „Als türkischstämmiger Mann wollte ich einfach mal ein Statement setzen, dass das, was die Drags machen etwas Tolles ist. Ich finde, dass jeder Mensch machen sollte, was ihm Spaß macht und dass wir jeden so sein lassen sollten, wie er oder sie sein möchte.“

Ein Gegengift, das wir gerade dringend brauchen

Aussagen wie diese sind nicht einfach Kitsch. Nicht einfach Hippie-Happy-Eierkuchen. Sie sind ein Gegengift, das wir gerade dringend brauchen. Als Queers und als Gesellschaft. Die beiden Folgen der Show „Viva la Diva“ liefen zur Primetime im deutschen Fernsehen – und zwar genau in jenen Wochen, in denen die Diskussion um eine Drag-Lesung für Kinder in der Münchner Stadtbibliothek hochgekocht ist. Plötzlich hingen rund um die Münchner Bibliothek AfD-Plakate, die nahelegten, Draqueens wollten Kinder missbrauchen. Die Veranstaltung musste letztlich mit knapp 200 Polizisten gesichert werden.

Der US-Bundesstaat Tennessee hat zuletzt sogar Drag-Shows an allen öffentlichen Orten verboten; der republikanische Abgeordnete Chris Todd stellte sie mit „Kindesmissbrauch“ gleich.

Eine Botschaft der Toleranz und Vielfalt

Dabei hat die Dragkultur gerade für Kinder wertvolle Botschaften der Toleranz und Vielfalt. Wie formuliert es der heterosexuelle Profitänzer Massimo Sinató nach seinem Auftritt bei „Viva la Diva“ so treffend: „Ich habe mit dem Tanzen angefangen, da war ich neun Jahre alt. Ich war einer der wenigen, die nicht Fußball gespielt, nicht Kampfsport gemacht haben. Ich wurde immer belächelt, ausgelacht. Ich finde, Tanzen ist eine seltene Kunstform, die sich wenige Männer trauen. Und beim Tanzen genauso wie im Drag gilt: Egal, ob schwarz, weiß, schwul oder hetero – Hauptsache du hast das Herz am rechten Fleck!“

Vergangenes Jahr kam die erste Folge von „Via La Diva“ raus, und gewann direkt den Deutschen Fernsehpreis. Nun legte RTL zwei Folgen nach. Und man kann nur sagen: Wenn Subkultur goes Mainstream so aussieht, dann gerne mehr davon. The Show Must Go On!

Alle Folgen von "Viva la Diva" gibt es in der RTL-Mediathek.