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„The Sound Of Cologne“ Diese Doku zeigt, wie wichtig Köln für den deutschen Techno ist

Techno kommt aus Berlin oder Frankfurt? Die Doku „The Sound Of Cologne“ zeigt, wie wichtig Köln für die elektronische Musikszene war. Und was die Techno-Pioniere mit Daniel Düsentrieb gemein hatten.

Von: Stefan Schuchort

Stand: 06.12.2023

Der Komponist Karlheinz Stockhausen blickt nach oben, in seiner erhobenen Hand hält er eine Zigarette.  | Bild: picture alliance / Philippe Gras / Le Pictorium

Wer vor dem Film gedacht hat, „The Sound Of Cologne“ führt einen direkt in die angesagtesten Clubs der Stadt, ist vielleicht enttäuscht. Zu Beginn des Films findet sich der Zuschauer erst einmal zwischen kühlschrankgroßen Kisten, klobigen Mischpulten und haufenweise alten Aufnahmegeräten wieder. Drumherum ein Wirrwarr aus Kabeln. In den 1950er Jahren hört man elektronische Musik in Versuchslaboren und nicht auf der Tanzfläche. Und sie klingt verschroben und irgendwie akademisch. Ihre Macher besitzen ungefähr die Coolness von Daniel Düsentrieb.

Wie Karlheinz Stockhausen. Archivaufnahmen zeigen, wie der Lehrling von Herbert Eimert schnell zum Pionier der elektronischen Musik aufsteigt. Mit Stücken wie „Gesang der Jünglinge“ setzt Stockhausen Maßstäbe. Das Stück ist in der Doku „The Sound Of Cologne“ zu hören. In der Filmszene sieht man aus der Froschperspektive den in der Dunkelheit beleuchteten Kölner Dom. Überbelichtete Vögel schwirren dabei wie Glühwürmchen um die Kirchtürme.

Talking-Heads-Gewitter in der Doku

Danach verändert sich der Rhythmus des Films schlagartig und jagt durch die Jahrzehnte durch, als müsste er mit der immer höheren BPM-Zahl schritthalten. Es folgt ein Talking-Heads-Gewitter: Von den experimentierfreudigen Krautrock-Legenden Can bis zu den international erfolgreichen Techno-Labels Kompakt und A-Musik. Von den heißesten Clubs der 80er und 90er zu denen von heute.

Regisseurin Kristina Schippling will sie alle nennen und niemanden vergessen. Das ist lobenswert – und doch wirkt der Film das ein oder andere Mal überladen. Was Schippling wiederum gelingt, ist zu zeigen, dass auch viele Frauen geholfen haben, die Kölner Elektronik-Szene nach vorne zu bringen. „Ich liebe zum Beispiel Lena Willikens“, erzählt die Regisseurin. Über ihren Song „Nilpferd“ müsse sie immer lachen.“ Hast du dich verlaufen? – Ich kann dir den Weg auch nicht zeigen. So lautet die erste Liedzeile.

Die Tierwelt ist in „The Sound Of Cologne“ omnipräsent

Nicht nur im Soundtrack ist die Tierwelt omnipräsent. Auch auf der Bildebene und in der Soundkulisse tauchen Tiere und Tiergeräusche immer wieder auf. Regisseurin Schippling ist für ihren Film selbst mit der Kamera durch die Stadt gezogen. Dabei seien ihr nicht nur Hasen, sondern auch die berüchtigten Kölner Stadt-Papageien über den Weg gelaufen. Schippling, die zuvor nie in Köln gelebt hat, hat so einen Zugang zur Stadt bekommen, erzählt sie. Wie hat sie Köln erlebt? „Als Großstadtdschungel“, sagt sie.

Der Film ist immer dann sehenswert, wenn er dem Zuschauer klarmacht, wie vielfältig elektronische Musik sein kann. Was hingegen irritiert, sind die vielen Interview-Schnipsel, gerade, wenn Deutsche auf einmal Englisch sprechen. Und das mit stark hörbarem Akzent. Angenehm hingegen ist die Bescheidenheit, die von den Protagonisten ausgeht. Die Kölner Szene wirkt freundlicher, aufgeschlossener und weniger arrogant als die anderer Technoblasen.

„Meine erste Erinnerung an die Zeit, als ich nach Köln gezogen bin, ist, dass die Leute immer so unheimlich nett sind“, erzählt einer der Interviewten. Das sei ihm immer suspekt gewesen. Dennoch ist das etwas, das sich Berlin von Köln abschauen kann. Musikalisch braucht sich der Sound of Cologne auf jeden Fall nicht zu verstecken.

„The Sound Of Cologne” (Deutschland 2023). Regie: Kristina Schippling. Zu sehen in ausgewählten Kinos, z. B. am 8.12. im Kino Casablanca in Nürnberg. Trailer hier.