Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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22. November 1784 Verbot von Weihnachtskrippen in öffentlichen Gebäuden

Wenn schon konsequent, dachte sich der Salzburger Fürsterzbischof. Passionsspiele abschaffen, Feiertage streichen – alles Kirchliche kappen, was von der Arbeit abhalten könnte. Auch die Weihnachtskrippen. Autorin: Carola Zinner

Stand: 22.11.2019 | Archiv

22 November

Freitag, 22. November 2019

Autor(in): Carola Zinner

Sprecher(in): Christian Baumann

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Eigentlich hatten sie ja dazu gedient, das Volk zurückzuführen in den Schoß der katholischen Kirche, all die Passionsspiele und Umritte, die Prozessionen, Heiligen- und Kirchweihfeste. Und im Grunde hatte die Sache auch ausgezeichnet funktioniert: So etwas Erfreuliches wie 95 Feiertage pro Jahr, wie es sie im Erzbistum Salzburg Mitte des 18. Jahrhunderts gab, hatten evangelische Länder mit ihrem Hang zur Askese nicht anzubieten. Wenn allerdings das Volk rund ein Drittel des Jahres – die normalen Sonntage muss man ja auch noch dazu rechnen – kollektiv damit beschäftigt ist, bei frommen Spielen mitzumachen oder auf Wallfahrt zu gehen, bringt das auch Nachteile mit sich: Besonders viel gearbeitet wird da nämlich nicht mehr.

Brückentage!!!

1782 beschloss der Salzburger Fürsterzbischof Hieronymus Graf von Colloredo, den, wie er schrieb, kirchlichen "Nebensächlichkeiten und Äußerlichkeiten" ein zu Ende machen. "Eine von unbiblischen Zutaten gereinigte Religion wird die Sitten des Volkes verbessern und es zu nützlichen Staatsdienern erziehen", verkündete er in einem Aufsehen erregenden Hirtenbrief. Ab sofort also war Schluss mit lustig; stattdessen wurde empfohlen, im Gottesdienst die Bibel zu lesen, Kirchenlieder zu singen und das eingesparte Geld in Bildung und Gesundheit zu investieren. Colloredo, der nach dem Motto vorging "Alles für das Volk, aber nichts mit dem Volk", musste allerdings schon bald feststellen, dass gut gemeint noch lange nicht gut ist.

Früher war alles auch nicht anders…

Ein Jahr nach der Bekanntgabe der Reformen meldeten ihm seine Spitzel, dass es in den meisten Kirchen zuging wie eh und je, mit hunderten von Kerzen und von Küssen schon ganz verschmutzten Heiligenbildern. Also schob der Fürst nochmal nach – und verbot dabei am 22. November 1784 auch das Aufstellen von Weihnachtskrippen in Kirchen und öffentlichen Räumen. Das wirkt nun schon wirklich arg pingelig. Doch wurde damals offenbar tatsächlich allerhand investiert in diese kleinen theatralischen Inszenierungen des Geschehens in Bethlehem, bei denen zudem das Wichtigste, nämlich die Geburt des Erlösers, zugunsten von Markt- und Alltagsszenen in den Hintergrund geriet. Ganze Handwerkszweige beschäftigten sich mit der Herstellung der Figuren und ihrer winzigen Kleidungsstücke, von Schaf und Stall, Wirt und Verkäuferin und was sonst noch an Unbiblischem dazugekommen war.

Colloredos Verbot löste da nun tatsächlich eine Wende aus, wenn auch in eine andere Richtung als geplant: Die Krippen verschwanden aus den Kirchen und Amtsgebäuden – um in tausendfacher Ausfertigung in den Privathäusern der Untertanen wiederaufzutauchen. Kripperlbauen wurde zu einer Art Volkssport, dessen Höhepunkt an den Weihnachtstagen das Kripperlschauen beim Nachbarn war, natürlich im entsprechend geselligen Rahmen. Ja, so leicht, wie ein Fürsterzbischof sich das vorstellt, ist der Lust des Menschen an Spiel und Vergnügen halt doch nicht beizukommen. Und die Obrigkeit ist noch immer gut damit gefahren, wenn sie das bei ihren großen Plänen berücksichtigt hat.


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