Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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5. Juli 1841 Thomas Cook, Baptistenprediger, unternimmt die erste Pauschalreise

Man kann es einfacher haben. Dann ist es aber womöglich kein Abenteuer mehr. Solange das Essen gut ist, das Hotelbett weich und der Preis stimmt, dachte sich Thomas Cook, kann es auch eine Pauschalreise sein. Autor: Xaver Frühbeis

Stand: 05.07.2018 | Archiv

29 Oktober

Montag, 29. Oktober 2012

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Illustration: Angela Smets

Redaktion: Thomas Morawetz

Eigentlich spielt unsere Geschichte im Jahr 1841. Begonnen aber hat alles wesentlich früher. In biblischer Zeit, als der Ackermann Noah den ersten Weinberg pflanzte. "Da er aber von dem Weine trank", heißt es in der Bibel, "da ward er trunken und lag in seiner Hütte, seine Blöße aufgedeckt." So wurde Noah der Welt erster Winzer und zugleich das erste Opfer seines Produkts. Die Nachkommen Noahs haben sich davon nicht beeinflussen lassen. Sie bauten weiterhin Wein und brauten scharfe Getränke und ließen sich volllaufen und machten ihrem Geschlecht nichts als Schande.

Im Wein liegt… nun ja…

Das zu ändern, taten sich viele Jahre später in England ein paar mutige Alkoholgegner zusammen, die sich "Temperenzler" nannten. Zu ihnen gehörte der ehemalige Baptistenprediger Thomas Cook. Früher hatte Cook als Drucker gearbeitet, jetzt stellte er die Propagandaschriften der Bewegung her. Es war ein schöner Junitag des Jahres 1841, da ging Thomas Cook zu Fuß von seinem Haus in Market Harborough in die nahegelegene Stadt Leicester, wo ein Treffen der Temperenzler stattfinden sollte. Und während er ging und darüber nachdachte, welche Probleme der Alkohol, aber auch anstrengende Fußmärsche mit sich bringen, da kam dem Thomas Cook ein Gedanke.

Reisepläne

Es gab da eine aufsehenerregende neue Erfindung. Eine Dampfmaschine auf Rädern, die Wagen zog, welche auf Schienen liefen. Zuerst waren die Dinger nur in Bergwerken gefahren und hatten Kohle befördert. Doch mittlerweile hatte man Versuche mit Personen gemacht, und es hatte sich gezeigt, dass die vielen Stimmen unrecht hatten, die da behaupteten, die immensen Geschwindigkeiten der Bahn - 25 Stundenkilometer und mehr - würden bei Passagieren zu Ohnmachten und Kreislaufzusammenbrüchen führen.

((Außerdem erzählte man sich, dass das Gleiten der Eisenbahn-Wagen auf Schienen wesentlich angenehmer für den Reisenden sei als das holprige Stoßen und Rumpeln der Postkutsche.)) Man sollte eigentlich, dachte Thomas Cook bei sich, diese segensreiche Einrichtung für die guten Zwecke der Temperenzler nutzen. Und so fuhren vier Wochen später, am 5. Juli 1841, fünfhundert britische Alkoholgegner die zwölf Meilen lange Strecke von Leicester zum Vereinstreffen in Loughborough mit einem eigens gecharterten Zug der Midland Railway Company, in offenen Wagen dritter Klasse, ohne Dach und ohne Sitze, zu einem Preis von einem Schilling pro Nase, für Schinkensandwiches und Tee war gesorgt. Das war die erste Pauschalreise, der Beginn des organisierten Massentourismus.

Vier Jahre später richtete Thomas Cook zum ersten Mal eine Reise aus, deren Erlös in seine eigene Tasche ging. Das Ziel war der Seehafen Liverpool, wo die großen Schiffe aus Übersee ankamen. Auf der Rückfahrt schwärmten die Leute von all den herrlichen Bergen und Burgruinen, die sie während der Fahrt leider nur von weitem gesehen hatten und nicht besuchen konnten. Und Cook begriff, dass Reisen nicht bloß Sinn, sondern auch Spaß machen kann. Flugs bot er Vergnügungsreisen an: alles pauschal, die Hotels vorab gebucht, das Essen erste Sahne, Sehenswürdigkeiten inbegriffen. Man fuhr mit ihm nach London, Paris, Straßburg, Baden-Baden, nach Kairo und ins Heilige Land. ((Die Leute waren begeistert, weil alles so einfach war und sie sich um nichts mehr kümmern mussten, und alle verreisten mit Thomas Cook. 1872 folgte die erste Weltreise, sieben Monate lang,)) 1877 hatte Cook Büros in allen Erdteilen, und als er 1892 starb, da stand der Name "Thomas Cook" längst weltweit für den Inbegriff allen Reisens.


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