Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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29. November 1596 Student David Lipsius schließt Pakt mit dem Teufel

Wenn man kein Geld hat und einem niemand mehr etwas leihen will, muss man sich eben was einfallen lassen. Das denkt der Tübinger Student David Leipziger und schlägt dem Teufel in Faustscher Manier einen Pakt vor. Der Teufel unterzeichnet nicht, trotzdem wird es für David höllisch. Autor: Simon Demmelhuber

Stand: 29.11.2022 | Archiv

29 November

Dienstag, 29. November 2022

Autor(in): Simon Demmelhuber

Sprecher(in): Christian Baumann

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Schuster, Schneider, Wirte - alle wollen Geld. Doch David Leipziger hat keins. Der Tübinger Theologiestudent ist dauerklamm, die Vormünder in Erfurt halten ihn knapp. Etwas hermachen, oben auf sein, stolzieren, saufen und schlemmen will er trotzdem. Dumm nur, dass ein fesches Wams, gepuffte Hosen, spanische Stiefel, Wein, Bier und Braten gratis nicht hergehen. Bleibt nur Prassen auf Pump: Kauf heute, zahl morgen!

Viele junge Herren halten es so, und bald hat auch David, der sich nun lateinisch vornehm Lipsius nennt, den Bogen raus. Er lässt anschreiben, borgt und leiht, schickt den Krug zum Brunnen, bis er bricht. Am Ende steht er bei Kaufleuten, Handwerkern, Zech- und Würfelbrüdern mit 200 Gulden in der Kreide. Die Summe ist ungeheuer, die Gläubiger heizen ihm ein, er weiß nicht mehr ein noch aus.

Komplett pleite

Die Freunde sind so arm wie er, da ist nichts zu hoffen. Bei den Vormündern beichten und betteln? Niemals! Die Hochschule um Vermittlung bitten? Angesichts zahlloser Verwarnungen wegen Faulheit, Ungehorsam und Leichtsinn absolut aussichtslos. Nein! Nichts und niemand kann ihn jetzt noch vor Schande und Schuldturm bewahren. Nichts und niemand, es sei denn ...

Total einfallsreich

Ja, einen Ausweg gibt es. Eine letzte, finstere Zuflucht: Der Teufel kauft Seelen und fragt nicht lang warum, wieso, wozu. Was den Dämon zähmt und zwingt, ist auch kein Geheimnis. Die Schriften des Doktor Faust, die Beschwörungs-, Zauber- und Teufelsbücher lehren, wie man den höllischen Hilfsfonds anzapft.

Und so setzt der Studiosus Theologiae am 29. November 1596, zitternd aber entschlossen, einen Kreditantrag auf, der den Leibhaftigen spendabel stimmen soll: "Ich, David Leipzig von Erfurt aus Thuringen, tu dir kunt, Herrscher der Hellen, dass ich mit dir einen Pact machen und dein sein will, so du mir, wenn ich wieder heimkomm, 3 goltgulden zu dem Brief legen wirst".

Zur Auszahlung des erbetenen Vorschusses kommt es eben so wenig wie zum Vertragsabschluss selbst. Zum einen hat Satan kein Interesse, obendrein findet ein Mitbewohner den Zettel und petzt. David muss vor ein Professorengericht, es riecht nach Feuer und Röstfleisch, doch der Malefikant hat Glück. Die Vormünder zahlen, seine Jugend und reichlich kullernde Reuetränen rühren die Richter, er kommt mit ein paar Tagen Karzer und Stubenarrest glimpflich davon.

Aber statt sich zu bessern, treibt es Lipsius ärger denn je. Er ludert und lottert, stiehlt, fliegt auf, wird verklagt, darf Tübingen und die Hochschule Tübingen nie wieder betreten. Zum Glück, und weil die Vormünder erneut für ihn bürgen, nimmt die Universität Jena den Gestrauchelten auf. Dass sich der Taugenichts diesmal fängt, glaubt allerdings niemand so recht.

Und doch: Dreißig Jahre später ist David Lipsius Doktor der Medizin und Philosophie, kaiserlicher Notar und Hofpfalzgraf. Alles könnte so schön sein! Wäre da nicht Justus Wilhelm, sein missratener Sohn. Der Bengel trinkt, spielt, macht Schulden, schmeißt das Studium, tut alles, um seinen Vater zu quälen. Weiß der Himmel, wo der Malefizkerl, der ausgekochte Satansbraten das bloß herhat?


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