Bayern 2 - Das Kalenderblatt


1

12. Juli 1962 Erster Auftritt der Rolling Stones im Marquee Club in London

Aller Anfang ist schwer und manchmal ist man sich auch einfach absolut uneinig, was man will und warum man es zusammen möchte. So geht es Mick Jagger und Keith Richards. Die Freunde aus Kindertagen treffen sich als Tennies wieder, haben den gleichen Musikgeschmack und gründen eine Band. Autorin: Carola Zinner

Stand: 12.07.2023 | Archiv

12 Juli

Mittwoch, 12. Juli 2023

Autor(in): Carola Zinner

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Die Jugend ist, so leuchtend sie im Rückblick auch scheinen mag, nur selten das reine Vergnügen. Unsicherheit und Versagensängste, die Verzweiflung über das eigene Aussehen und das Entsetzen über die eben noch bewunderten Erwachsenen: Es ist kaum auszuhalten. Die einzige Rettung ist, dass es vielen anderen exakt genau so geht - und dass sie oft direkt in der Nachbarschaft wohnen, in dieselbe Schule gehen, die gleiche Musik mögen.

Zu zweit ist man weniger allein

Jugend ist die Zeit, in der man auf ganz besondere Art zusammenfindet - manchmal sogar fürs ganze Leben. So wie die beiden 18jährigen, die sich im Oktober 1961 am Bahnhof von Dartford trafen. Sie kannten sich noch von der dortigen Grundschule, doch dann war der eine, Mike, weggezogen, und der andere, Keith, zu den Pfadfindern gegangen und in den Chor und hatte das, was an Freizeit noch übrig war, zum Gitarre-Üben genutzt. Nun aber warteten sie am Bahnsteig, Seit an Seite, Mike mit LPs von Chuck Berry und Muddy Waters unter dem Arm, genau der Musik also, auf die auch Keith abfuhr. Und so gab es viel zu besprechen auf der Fahrt Richtung London, der viele weitere folgten.

Es nimmt Fahrt auf

Denn ab sofort besuchten die beiden dort regelmäßig gemeinsam die angesagtesten Live-Musik-Clubs. Außerdem lud Mike - oder Mick, wie er sich jetzt nannte, Keith ein, bei seiner kleinen Kellerband mitzumachen, den "Little Boy Blue and the Blue Boys", die fast so wild und so gut spielten wie ihre Vorbilder in den USA. Wie es dann weiterging, darüber gibt es wie bei jeder richtigen Legende mehrere Versionen.
Fest steht, dass Mick Jagger und Keith Richards am 12. Juli 1962, fast auf den Tag genau neun Monate nach der Begegnung auf dem Bahnhof von Dartford, zum ersten Mal offiziell mit ihrer neuen Combo auftraten, die sie nach einem Muddy-Waters-Song "The Rollin’ Stones" getauft hatten (noch ohne "G" am Ende von "Rolling"), und dass dieser Auftritt im Marquee-Club in Soho stattfand.

Donnerstags spielten dort normalerweise immer Alexis Korner und seine "Blues Incorporated", die erste elektrische Bluesband des Landes, die jedoch diesmal mit Fernsehaufnahmen für die BBC beschäftigt waren. So überließen sie den Auftritt den quirligen Blues-Babys, die sie zuvor schon ab und zu mal hatten mitjammen lassen.

Noch knapp ein halbes Jahrhundert später erinnerte sich Keith Richards an sein tiefes Glücksgefühl, als er plötzlich in einem so riesigen Raum vor hunderten von Leuten auf der Bühne stand. Neben wem, ist übrigens nicht ganz klar; Mick Jagger natürlich, Brian Jones, Ian Stewart und Dick Taylor - doch wer am Schlagzeug saß, darüber herrscht eben so wenig Einigkeit wie bei der Gage und der Playlist. Es ist halt doch alles schon ziemlich lange her, und Fotos oder Mitschnitte von damals gibt´s auch nicht. So richtig reingehauen jedenfalls haben sie mit ihren Rhythm-and-Blues-Klassikern wohl nicht: Der Putzmann soll ihnen anschließend empfohlen haben, sich einen anderen Job zu suchen. Hätten sie den Rat befolgt ... nicht auszudenken!
Aber vermutlich ist es sowieso wieder nichts als - eine Legende. 


1