Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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13. Juli 1837 Queen Victoria zieht in Buckingham Palast ein

Man kann sich seine vier Wände nicht immer völlig frei aussuchen. Als Victoria in neuer Position als Queen aber doch endlich wählen kann, entscheidet sie für den Buckingham Palast. Eine Großbaustelle! Und ihre Mama muss mit einziehen. Autorin: Ulrike Rückert

Stand: 13.07.2023 | Archiv

13 Juli

Donnerstag, 13. Juli 2023

Autor(in): Ulrike Rückert

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Cornflakes in Plastikdosen auf dem Frühstückstisch, zusammengewürfeltes Geschirr beim königlichen Abendessen: Hinter den Kulissen geht es bei den englischen Royals zu wie bei Schmidts im Reihenhaus. Die häusliche Genügsamkeit muss in der Familie liegen: Victoria lebte vergnügt auf einer Baustelle.

Hauptsache gemütlich

Bevor sie mit achtzehn Jahren den Thron bestieg, hatte sie nicht einmal ein eigenes Zimmer – sie schlief bei ihrer Mutter, zu der sie eine, vorsichtig gesagt, schwierige Beziehung pflegte. Als Victoria an einem Morgen im Juni 1837 erfuhr, dass ihr Onkel gestorben und sie nun Königin geworden war, ließ sie als erste Regierungshandlung ihr Bett aus Mamas Schlafgemach tragen.

Mit ihrer Mutter unter einem Dach leben musste sie auch fürderhin. Das gehörte sich so für eine junge Frau, Königin hin oder her. Aber wenigstens sollte das Dach so groß wie möglich sein. Als royale Residenz suchte sich Victoria den Buckingham Palace aus - zum Entsetzen ihrer Minister.

Wenn dann gleich Großbaustelle

Victorias Großvater, König George III., kaufte einst das Stadthaus des Herzogs von Buckingham als privates Heim für seine Familie, frei vom steifen Pomp des Hofes im St. James’s Palace. Sein Nachfolger beschloss, aus dem kleinen Palais ein Prunkschloss zu machen. Seit zehn Jahren wurde nun an dem Gemäuer herumgebaut, mit fast so viel Pannen und Skandalen wie beim Berliner Flughafen. Zwei Könige waren darob ins Grab gesunken, Fertigstellung nicht in Sicht.

Victoria war das egal. Es war der größte Palast in London, und nur drei Wochen später, am 13. Juli, zog sie ein. Die Fußböden waren nackt und die Räume praktisch leer, weder Toiletten noch Heizungen funktionierten und die Kamine qualmten. Arbeitsräume für das Personal waren nicht fertig oder gar nicht eingeplant, die Küche nicht belüftet, und an der Hauswand türmte sich bald ein stinkender Müllhaufen. Gäste verirrten sich in unbeleuchteten Korridoren. Aber Chaos und Dreck ließen Victoria kalt, sie störte nur, dass es keinen Thron gab.

Ihre Mutter hatte Victoria in einen entfernten Winkel der weitläufigen Zimmerfluchten verbannt. Wenn sie ihre Tochter sehen wollte, musste sie einen Diener mit der Bitte um Erlaubnis schicken. Oft war die Antwort nur ein Billett mit dem kühlen Bescheid: "Bin beschäftigt." Dennoch war die Nähe der Mutter für Victoria eine Pein, wie sie ihrem Premierminister klagte. Der schlug ihr eine Alternative vor: einen Ehemann.

Victoria fand die Idee "shocking". Sie genoss ihre Freiheit und verspürte keine Neigung, diesen Zustand zu verändern. Doch sie ließ ihren Cousin Albert aus Coburg zu Besuch kommen – und verliebte sich Hals über Kopf. Vier Monate später waren sie verheiratet, und als Prinzgemahl schaffte Albert endlich Ordnung im Haus.

Aber bald war es wieder eine Baustelle. Victoria fand, sie brauche mehr Platz für Kinderzimmer, und auch ein größerer Ballsaal wäre schön. Ein ganzer neuer Flügel wurde angebaut. Heute ist das die berühmte Hauptfassade des Buckingham Palace, mit dem Balkon, von dem die Royals fotogen in Kameras winken.


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