Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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2. Mai 1807 Münchner Viktualienmarkt beschlossen

Man kann es nicht allen immer Recht machen und so hatte der Klerus einiges dagegen, als man den Marktplatz in München verlegte… mit direktem Zugang zu Obst und Gemüse direkt durch die Kirche. Autorin: Birgit Magiera

Stand: 02.05.2018 | Archiv

02 Mai

Mittwoch, 02. Mai 2018

Autor(in): Birgit Magiera

Sprecher(in): Christian Baumann

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Ein schwarzer Hahn mitten auf dem Altar, während der heiligen Messe! Das ging entschieden zu weit. Der Pfarrer der Heilig-Geist-Kirche in München hatte gleich geahnt, dass der 2. Mai 1807 nichts Gutes bringen würde. Bis zu diesem 2. Mai 1807 wurde alles Frische, Essbare aus den Ställen und von den Feldern der Umgebung auf dem Marienplatz verkauft. Der hieß damals noch Schrannenplatz. Jahrhundertelang war der Schrannenplatz gut genug als Marktplatz, als Hinrichtungsstätte, Versammlungsort – alles in einem. Doch nun platzte er aus allen Nähten.

So eng woll ma nimma zam!

All die Bauern mit ihren Karren voller Kartoffeln, Rüben und Krautköpfen. Und erst die Kornkäufel, die Getreidehändler, die den Weizen und Roggen in Bergen aufschütten ließen. Bis hinunter ins Tal hatten sich die Händler ausgebreitet, auch an der Kirchenmauer entlang. Deshalb verfügte seine Majestät, König Max der Erste Josef, dass ein Teil des Viktualienmarktes künftig im Spitalhof gleich hinter der Heilig-Geist-Kirche stattfinden solle.

Praktischerweise hatte mit der Säkularisation der gesamte Gebäude-Komplex des Heiliggeist-Spitals den Besitzer gewechselt. Die Bauten für Alte, Kranke und Sieche waren jetzt Eigentum der königlichen Krone. Und die ließ im April 1807 gleich mehrere Häuser abreißen, um Platz zu schaffen für den Markt. Die Bewohner wurden nach und nach umgesiedelt. Die Idee dazu kam vom Superminister des Königs, Graf Maximilian von Montgelas, dem Napoleon-Freund und Modernisierer.

Jetzt wird es laut!

Mit der Ausdehnung des Marktes vom Münchner Schrannenplatz vor dem Rathaus in den Spitalhof kam deutlich Leben in die Heilig-Geist-Kirche. Wenn auch nicht so, wie es sich die Geistlichkeit gewünscht hätte.

Denn der kürzeste Weg vom Tal herauf zu den neuen Verkaufsständen führte nun durch das Kirchengebäude.

Der größte Zorn packte den Priester, wenn die Köchinnen mit ihren voll bepackten Körben von ihrem Einkauf zurückkamen und ratschend und lachend durch seine heiligen Hallen marschierten. Rücksichtslose Weiber. Und nun auch noch der Gockel: kommt aus und flattert mit Gezeter auf den Altar. Um ein Haar hätte er noch den Leib Christi verspeist. Eine würdelose Veranstaltung. Aber immerhin: die Kirche wurde nicht zum Kaufhaus umfunktioniert, wie kurzzeitig geplant, und der Kirchturm durfte stehen bleiben. Man musste mit Wenigem zufrieden sein.

In den kommenden Jahrzehnten ließ die Stadt – sie hatte das Gelände mittlerweile für 150.000 Gulden gekauft – immer mehr Häuser abreißen, um den Markt zu erweitern.  Eng blieb es trotzdem.

1835 beschreibt der Schriftsteller August Lewald die Zustände auf dem Viktualienmarkt so: "Alles kauft, alles treibt sich umher, Wagen und Rosse erregen Verwirrung im Gedränge…Wen nicht eben sein Weg über den Platz führt, vermeidet ihn gern, denn Pferde, Säcke, Wagen und Menschen drohen Gefahr, und man kann gestoßen, gequetscht, geschlagen, wohl gar gerädert werden. "

Gerädert wird dort keiner mehr. Alles andere kann auch heute noch passieren auf dem Münchner Viktualienmarkt. Nur lebende Hühner werden nicht mehr verkauft. Sich sehr zur Erleichterung des Stadtpfarrers.


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