Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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15.06.1851 Jacob Fussells weltweit erste Speiseeis-Fabrik

Eis…Lecker! Der Milchhändler Jacob Fussell gründete am 15. Juni 1851 in Pennsylvania die erste Fabrik für Speiseeis. Autorin: Yvonne Maier

Stand: 15.06.2018 | Archiv

15 Juni

Freitag, 15. Juni 2018

Autor(in): Yvonne Maier

Sprecher(in): Caroline Ebner

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

In so einem Glas Milch konnte im 19. Jahrhundert einiges drin sein. Maismehl. Wasser. Kalk. Oder sogar Gips. Darum trank jeder Amerikaner, der es sich leisten konnte, nur frische, unveränderte Milch, direkt vom Erzeuger. Also - per Zug gebracht am Morgen direkt vom Erzeuger. Jacob Fussell (sprich: Fassl - wie das englische muscle) zum Beispiel transportierte jeden Tag hunderte Milchfässchen im Fünf-Uhr-Zug nach Baltimore, eisgekühlt. Die Industrialisierung machte vor der Milchwirtschaft nicht halt. Manche seiner Kunden wünschten sich darüber hinaus auch noch Sahne, doch Sahne, das war ein heikles Geschäft: Nicht immer zu haben, und manchmal gab es zu viel davon, so viel, dass er den Überschuss wegwerfen musste. Was für eine Verschwendung, dachte sich der Quäker mit deutschen Wurzeln. Jacob Fussell beschloss kurzerhand, die Sahne einfach in Sahneeis umzuwandeln und zum unschlagbaren Preis von 25 Cent pro knappem Liter Eis zu verkaufen. Ein Kampfpreis, üblich waren 60 Cent.

Eine heikle Sache

Die Amerikaner liebten ihr Eis. Es wurde bei vornehmen Teekränzchen gereicht, Kinder rannten dem Eiswagen hinterher und Milchshakes waren der letzte Schrei. Jacob Fussell stieg dick ein ins Eisgeschäft, am 15. Juni 1851 eröffnete er die weltweit erste Speiseeis-Fabrik. Auf dem Land, im Örtchen Seven Valleys, nördlich von Baltimore. Er vermutete, dass es einfacher sein würde, das fertige Eis zu kühlen und zu transportieren, anstatt die Sahne in die Stadt zu bringen und dort zu verarbeiten. Zwei Jahre lang ging das gut, das Speiseeis wurde mit Eisklötzen verpackt, die im Winter vorher geschnitten worden waren, und nach Baltimore gefahren. Schnell merkte der erste Eis-Großproduzent aber, dass Speiseeis ebenfalls eine heikle Sache ist, nämlich sehr vom Wetter abhängig. Und die Züge zwischen Seven Valleys und dem rund 50 Kilometer entfernten Baltimore waren nicht schnell genug, um auf die schwankende Nachfrage zu reagieren. Regelmäßig blieb also Eis übrig, weil es doch zu kalt war, oder die Kunden waren unzufrieden, weil in der Sommerhitze kein Eis mehr lieferbar war.

Mehr Eis

Jacob Fussell reagierte und verlegte seine Eisfabrik nach Baltimore und eröffnete später auch noch eine in Washington. Dann kam der Bürgerkrieg. Keine gute Zeit für Eishändler. Fussell weigerte sich, die Armee zu beliefern, sie war ihm kein zuverlässiger Kunde, obwohl er ein ausgewiesener Sklavereigegner war. Einmal entkam er nach einer leidenschaftlichen Rede nur knapp einem Lynchmob. Nach dem Krieg eröffnete er ein Hausprojekt, speziell für gerade befreite Sklaven. Dann widmete er sich aber schnell wieder dem Speiseeis. Eröffnete eine Fabrik in New York und lernte sogar einen Konkurrenten an, der das Speiseeis nach Brasilien brachte. Für eine fürstliche Gebühr von 500 Dollar. Eine Menge Geld zu dieser Zeit. Privat war er übrigens ein ausgewiesener Familienmensch: spielte mit seinen Kindern gerne Schach oder erzählte ihnen Geschichten. Ob er mit ihnen häufig Eis gegessen hat, ist nicht überliefert.


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