Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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28. Juni 2011 Internationaler Tag des Body Piercing

Unter den vielen nützlichen Dingen, die der Mensch von Natur aus mitbekommen hat, sind seine Körperöffnungen. Doch nicht jeder Mensch möchte sich damit begnügen; und so hat er das Body-Piercing erfunden. Autorin: Christiane Neukirch

Stand: 28.06.2019 | Archiv

28 Juni

Freitag, 28. Juni 2019

Autor(in): Christiane Neukirch

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Unter den vielen nützlichen Dingen, die der Mensch von Natur aus mitbekommen hat, sind seine Körperöffnungen. Doch nicht jeder Mensch möchte sich damit begnügen; und so trachteten Angehörige unserer Spezies immer wieder danach, der üblichen Anzahl – sieben beim Mann, acht bei der Frau – weitere Löcher hinzuzufügen. Nicht nur bei Feinden, die zum Zwecke des Entledigens durchlöchert wurden; sondern auch in überlebbarer Form bei sich selbst.

Wer schön sein will, muss leiden

Was bringt das? Nun, per Loch kann man am Körper Dinge befestigen, zum Beispiel Schmuck. Der bekannteste und am häufigsten getragene dürfte wohl der Ohrring sein.

Experimenten sind keine Grenzen gesetzt; etwa: wie dehnbar sind Ohrläppchen? Um das herauszufinden, erhöhe man Größe und Gewicht des Schmucks. Oder man baue den Ohrring gleich ins Loch mit ein und erweitere so dessen Durchmesser. Und schon ist der Wettstreit eröffnet: wie weit schaffst du? Fünf Zentimeter Durchmesser? Kein Problem! Wie überall gilt: je größer, desto angesehener. Kurz: wer schön sein will, muss leiden. Die Tellerlippen bei den Mursi in Äthiopien sind wohl eines der anstrengendsten Schönheitsideale: ein in die Lippen eingebauter Teller vor dem Mund. Da geht es dann schon ans Eingemachte. Denn wer einen schönen, großen Teller vorweisen will, muss sich die Unterlippe aufschneiden und über Jahre hinweg dehnen lassen. Wie das mit Essen, Trinken und Reden vereinbar ist, fragt man sich aus der Laienperspektive mit Staunen. Weniger erstaunlich ist daher, dass die meisten Piercings – so der Fachbegriff für Loch plus Schmuck – etwas moderater ausfallen.

Grenzenlos durchlöchert

Im 20. Jahrhundert machten ein paar Piercing-Pioniere eine große Anzahl an Stechkreationen in den USA und Europa populär. Einer von ihnen war Jim Ward. Er eröffnete 1978 das erste kommerzielle Piercing-Studio im Westen Hollywoods. In der Stadt der Fantasie und des Films fiel sein Angebot auf fruchtbaren Boden.

Sein Geburtstag, der 28. Juni, wird seit 2011 als ʺInternationaler Tag des Body-Piercingsʺ gefeiert.

Waren die Körperstecker anfangs eher in der Schwulenszene und unter Punks beliebt, sprengten sie in den Neunzigerjahren die Grenzen der sozialen Nischen und wurden überall hoffähig. Auch den Körperstellen, an denen Piercings glänzen, sind keine Grenzen mehr gesetzt: sichtbar an Nase, Ohr, Mund oder Wange; weniger sichtbar, aber kussgenussfördernd in der Zunge; oder weiter unten, wo gesteigerte Reibungsfaktoren willkommen sind und die Piercings verheißungsvoll-exotische Namen tragen wie ʺPrinz Albertʺ- ʺHafadaʺ- oder ʺNefertiti-Piercingʺ.

Eines der selten gewählten – mit entsprechend nüchternem Namen – befindet sich auf der Rückseite: das Anus-Piercing, angebracht zwischen den Pobacken. Schon um 1650 bemerkte der englische Arzt und Ethnologe John Bulwer diese Version bei einem Ureinwohner-Volk und befand es als ʺsehr unbequemʺ und ʺäußerst nachteilig für eine sitzende Existenz.ʺ

Vielleicht wäre dieses Piercing eine Kur für unsere allzu viel sitzende Gesellschaft? Nun, man kann über Möglichkeiten nachdenken, es den Krankenkassen schmackhaft zu machen. Heute, am Welttag des Piercings, wäre eine gute Gelegenheit dafür!


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