Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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22. Oktober 1985 Die erste Folge der "Schwarzwaldklinik" wird ausgestrahlt

Die Mutter aller Krankenhausserien: Die Schwarzwaldklinik, in der der Halbgott in Weiß, Professor Brinkmann, 70 Folgen lang, ein Millionenpublikum begeisterte. Autorin: Isabella Arcucci

Stand: 22.10.2018 | Archiv

22 Oktober

Montag, 22. Oktober 2018

Autor(in): Isabella Arcucci

Sprecher(in): Krista Posch

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Da thront sie auf lieblicher Anhöhe: ein Traum in Weiß - die Schwarzwaldklinik!  Eine Gruppe Pilger kämpft sich in sengender Sonne hinauf. Schon meinen sie, ihn zu sehen, den Halbgott in Weiß, mit Augen, so blau wie der Titisee: Prof. Brinkmann!  Einer der Wanderer bricht zusammen. Sein schwaches Herz hält der Verzückung und den Strapazen nicht stand. Gleich wird Prof. Brinkmann zu seiner Rettung eilen und mit väterlicher Hand die lebensrettende Operation durchführen…

Blumen für den Chefarzt

Dumm nur, dass der herzschwache Wanderer gar nicht vor den Toren der Schwarzwaldklinik zusammen brach, sondern lediglich vor deren Drehort: der Landesversicherungsanstaltsklinik Glotterbad. Der Chefarzt, welcher nun samt Team herbeieilte, um den kollabierten Besucher zu reanimieren, hieß auch gar nicht Prof. Brinkmann, sondern Prof. Herrmann. Er war es, der diese Episode später entnervt  einer großen deutschen Zeitschrift erzählte. Es war nicht der einzige Fall, indem herbeiströmende "Schwarzwaldklinik-Fans" den Krankenhaus-Alltag durcheinander brachten. Manche schlichen sich ins Gebäude und klauten Gabeln und andere Devotionalien. Im Gegenzug schickten die Serien-Fans an Klaus Jürgen Wussows Geburtstag Blumen und Geschenkpakete, die sie an "ihren Professor Brinkmann" adressierten. Und auch zahlreiche Ärzte waren vom Schwarzwaldklinik-Fieber angesteckt. Nach der Frühschicht mal kurz mit Schwester Christa eine Runde im Titisee planschen? Das klang wohl vor allem für Chirurgen äußerst verlockend, weshalb sie sich zu Hauf um eine Anstellung bewarben. Und das, obwohl die echte "Schwarzwaldklinik", die heute eine Einrichtung für psychosomatische Erkrankungen ist, noch nie auch nur einen einzigen OP-Saal besaß.

Das Los des Kassenpatienten

Doch seit ihrer Erstausstrahlung am 22. Oktober 1985 hat die Serie "Schwarzwaldklinik" die Fantasie der Zuschauer beflügelt und ihre Sehnsüchte geweckt, wie kaum ein anderes Fernsehformat.

An die 28 Millionen Zuschauer schalteten dafür wöchentlich  das Zweite Programm ein. Nicht nur in Deutschland, auch in ca. 40 weiteren Ländern ließ sich das TV-Publikum vom lieblichen Glottertal verzaubern und schwelgte zwischen Blasenkathetern und Gipsverbänden. Wie wohltuend wäre es, an einem Ort wie der Schwarzwaldklinik von gleichsam schönen wie einfühlsamen Menschen umsorgt zu werden! Doch die Realität sieht für den gemeinen Kassenpatienten oft anders aus. Statt dass einen Gaby Dohm voll Mitgefühl an ihren weichen Schwester-Christa-Busen drückt, wird man von Pfleger Christoph unsanft auf die Bettpfanne gepflanzt. Und es ist auch nicht Sascha Hehn, der mit sexy Föhnfrisur zur Visite erscheint, sondern ein zerzauster, übernächtigter Assistenzarzt, der einen bei dummen Fragen barsch zurechtweist. Und statt dass Klaus Jürgen Wussow mit sanfter Hand schmerzende Stellen auf Körper und Seele ertastet, wetzt eine junge, ehrgeizige Oberärztin über einem bereits gnadenlos das OP-Messer. Da hilft nur noch eines: die Augen schließen und sich von der Vollnarkose forttragen lassen. Fort, in einen Traum in Weiß - die Schwarzwaldklinik….


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