Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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22. April 1769 Die Comtesse du Barry kommt an den französischen Hof

Als Madame du Barry offizielle Maitresse Ludwigs XV. wurde, ärgerte das viele. Sie besaß nicht nur eine von zahlreichen Zeitgenossen gerühmte Schönheit, Charme und Jugendlichkeit. Die unehelich geborene Jeanne du Barry aus armen Verhältnissen war auch noch süchtig nach Luxus. Und sie hatte ein gutes Herz. Autorin: Isabella Arcucci

Stand: 22.04.2022 | Archiv

22 April

Freitag, 22. April 2022

Autor(in): Isabella Arcucci

Sprecher(in): Caroline Ebner

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Die Gräfin von Gramont hatte sich mit ihren erotischen Verführungskünsten völlig verausgabt. Doch der sonst so von seiner Libido beseelte Ludwig XV. war nun 60 Jahre alt und gramgebeugt. Sein einziger Sohn war gestorben, seine Schwiegertochter, seine Ehefrau und: seine Maitresse, seine innig geliebte Madame de Pompadour.

Eine neue Liebe für den König

Die Gramont war wohl nicht die einzige Hofdame, die sich jetzt mit hochgerafftem Reifrock daran machte, seine Majestät aufzumuntern. Es galt, den frei gewordenen Posten der "Maitresse en titre" zu besetzen, der inoffiziellen Königin Frankreichs. Nur war mit Madame de Gramont etwas der Ehrgeiz durchgegangen. "Sie hat seine Majestät regelrecht vergewaltigt", raunte man in Versailles hinter vorgehaltenem Fächer. Wie dem auch sei, Ludwig war abgeturnt, die Gräfin gekränkt und ihr Bruder, der Herzog von Choiseul, stinksauer. Choiseul war Außenminister. Wenn seine Schwester die nächste Maitresse des Königs geworden wäre ... wie hätte ihm das nützen können!

Stattdessen war da dieses Flittchen, wegen der sie sich alle im Prunksaal die Beine in den Bauch stehen mussten. Es war der 22. April 1769, der Tag, an dem die neue Maitresse en titre offiziell bei Hofe vorgestellt werden sollte. Sie schwebte herein, in einer ausladenden weißen Robe, mit Engelsgesicht und verführerischem Schlafzimmerblick: Comtesse Jeanne du Barry.

Comtesse? Pah! Jeanne war das uneheliche Kind einer Näherin und vermutlich eines Mönchs und hatte eine Karriere als Edelprostituierte gemacht. Gepusht von ihrem Liebhaber und Zuhälter, dem berüchtigten Grafen Jean du Barry.

Jean schmuggelte seine Jeanne inoffiziell an den Hof, um dem König den Kopf zu verdrehen. Jeanne war nicht nur schön und liebenswürdig, sie wusch sich auch täglich! Ein Beautyrezept, das sich in Versailles noch nicht sehr weit herumgesprochen hatte. Ludwig XV. spürte endlich wieder Schmetterlinge im Bauch. Doch eine Maitresse en titre durfte keine bürgerliche Prostituierte sein. Graf du Barry überredete seinen Bruder, Jeanne pro Forma zu ehelichen und sie so zur Comtesse du Barry zu machen. Und voilà: Versailles stand ihr offen.

Die mildtätige Maitresse

Dennoch sollte die arme Jeanne von Choiseul und seiner Clique nach Kräften gemobbt werden. Andere freuten sich über die neue Maitresse, denn sie schien nur an Schmuck und Kleidern interessiert, viel zu blöd, um sich in die Regierung einzumischen, wie einst die Pompadour.

Womit niemand gerechnet hatte, war Jeannes gutes Herz. Nach ausgiebiger Morgentoilette empfing die du Barry häufig Bittsteller. Vom verarmten Adligen bis hin zum gefallenen Bürgermädchen, das unehelich ein totes Baby geboren hatte und nun, als Kindsmörderin angeklagt, auf die Hinrichtung wartete. Madame du Barry zerfloss fast jedes Mal vor Mitleid und warf sich, um Gnade bittend, dem König zu Füßen. Und der König war gnädig. Auch als Jeanne nach dem Tod Ludwigs XV. vom Hof verbannt wurde, blieb sie weiterhin luxussüchtig und mildtätig. Sie selbst jedoch, sollte kein Erbarmen erfahren. Jeanne du Barry starb 1793, aller Reichtümer und aller Titel beraubt, durch das Beil der Guillotine.


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