Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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4. Juli 1892 Samoa wechselt auf die östliche Seite der Datumsgrenze

Habe ich heute oder morgen Geburtstag. Weiß doch jeder, möchte man meinen. Aber an der Internationalen Datumsgrenze im Pazifik wird die Sache kompliziert. Wer auf Samoa seinen Geburtstag feiert, ist auf Tonga schon einen ganzen Tag älter. Keine 1.000 Kilometer liegen zwischen beiden Inseln. Autorin: Birgit Magiera

Stand: 04.07.2023 | Archiv

06 Juli

Donnerstag, 06. Juli 2023

Autor(in): Birigit Magiera

Sprecher(in): Christian Baumann

Redaktion: Frank Halbach

Mitten durch den größten und tiefsten Ozean der Welt, den Pazifik, verläuft senkrecht eine imaginäre Linie, ungefähr entlang des 180. Längengrades: Die Datumsgrenze teilt die Welt in gestern und heute. Endgültig festgelegt wurde ihr Verlauf erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts.

Gestohlene und geschenkte Tage

Dass man so eine Datumsgrenze braucht, fiel aber schon Jahrhunderte vorher auf, als es die ersten Segelschiffe schafften, einmal ganz um die Erde zu segeln. Zurück im Heimathafen mussten diese ersten Weltumsegler feststellen, dass trotz pingeliger Führung des Schiffstagebuchs der eigene Bord-Kalender nicht mehr mit dem der Daheimgebliebenen übereinstimmte. Wo war der verlorene Tag abgeblieben? Oder warum hatte man unterwegs einen dazu gewonnen? Auch das kam vor.

Denn wer immer weiter nach Westen reist, mit der Sonne, dehnt den Tag. Bei einem Trip einmal rundherum wäre so ein ganzer Kalendertag verschwunden. Umgekehrt, auf dem Weg nach Osten, der Sonne entgegen, hätte man nach einer kompletten Erdumrundung einen zusätzlichen Tag "gewonnen". Es sei denn - man passt das Datum irgendwo an einer festgelegten Grenze an.

Und weil es durchaus kompliziert wäre, wenn die unmittelbaren Nachbarn an einem anderen Tag lebten als man selbst, waren sich die tonangebenden Mächte in Europa Ende des 19. Jahrhunderts einig, dass diese willkürliche Datumsgrenze am besten weit weg verlaufen soll, nämlich auf der eigenen Erd-Rückseite: im Stillen Ozean.

Der doppelte 4. Juli

In der Folge musste dann noch leicht nachjustiert werden: Die USA wollten in ihrem pazifischen Einflussgebiet keine Unordnung im Kalender. Deshalb musste das Inselreich Samoa auf die Datumsseite von Hawaii wechseln. Und wäre nun die Datumsgrenze eine Absperrschnur mit kleinen roten Schwimmbojen dran, wie die Bahnabtrennung im Hallenbad, dann könnte man sagen: am 4. Juli 1892 hoben die Samoaner die Absperrschnur hoch und legten sie auf der anderen Seite ihres Inselreiches wieder ab. Samoa wechselte also an diesem 4. Juli 1892 die Datumsseite Richtung USA und konnte so beim nächsten Sonnenaufgang noch einmal am 4. Juli aufwachen. Später haben die westlichen Inseln, der heute unabhängige Staat Samoa, noch einmal die Datumsseite gewechselt, wieder hin zu Neuseeland. Mit diesem nächsten Nachbarn Samoas waren die Wirtschaftsverbindungen mittlerweile zu wichtig geworden. Auf der östlichen Hälfte der Inselgruppe, auf dem US-Territorium amerikanisch Samoa, ist nach wie vor am gleichen Tag Sonntag wie in den USA. Die Datumsgrenze schlängelt sich also heutzutage zwischen den samoanischen Inseln hindurch. Und wer einmal eine echte Zeitreise machen möchte, könnte an einem Dienstagnachmittag am Lalomanu-Beach in ein Motorboot steigen und wenig später am Montagabend am Strand von Poloa an Land gehen. Man könnte dort auch den eigenen Geburtstag zweimal feiern, - oder auch ganz ausfallen lassen. Dem Pazifik, diesem riesigen Stillen Ozean, wäre es wohl von Herzen egal.


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