Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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17. Juli 1917 Britische Königsfamilie ändert den Namen

Ein guter Name ist Gold wert, heißt es im Sprichwort. Das wird für das britische Königshaus einst zum ernsten Problem. Denn einen deutschen Namen will man kriegsbedingt nicht länger tragen. Autor: Sebastian Kirschner

Stand: 17.07.2020 | Archiv

17 Juli

Freitag, 17. Juli 2020

Autor(in): Sebastian Kirschner

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Hach ja [seufz]: Was wären die Klatschmagazine dieser Welt nur ohne die britische Königsfamilie? Queen Elizabeth, die mit über 90 immer noch nicht ans Abdanken denkt, Prinz Charles, der ewige Thronfolger. Das royale Traumpaar Prinz William und Herzogin Kate. Die Abtrünnigen Prinz Harry und seine Meghan jetzt vielleicht weniger… Egal, die Windsors: Ihr Name steht - grundsätzlich - synonym für royalen Glamour, für das britische Königshaus.

Nomen est Omen

Ein guter Name ist Gold wert, sagt ein Sprichwort. Oder wie es ein Kreditkarten-Unternehmen einst werblich runterbrach: Bezahlen Sie mit Ihrem guten Namen. Gemeint war damit natürlich ihr vom Kunden signiertes Plastikkärtchen. Wie gut ein Name ist, liegt freilich im Auge des Betrachters. Bei der Kreditkarten-Firma steht und fällt das Urteil vermutlich mit der Liquidität des Kunden. In den meisten Fällen geht es aber wohl eher um Psychologie: Was verbinde ich mit dem Namen, sagen wir Müller oder Kaiser? Frei nach dem Prinzip „nomen est omen“: Sag mir wie du heißt, und ich sag dir wer du bist. Und da geht es einer Königsfamilie nicht anders als Lieschen Müller.

Max Mustermannn?!??!

Als am 17. Juli 1917 der britische König Georg V. erklärt, seinen ursprünglich deutschen Familiennamen abzulegen, ist das ein spektakulärer Schritt. Seit Jahrhunderten regieren deutsche Familien über die Briten. Auf die Dynastie der Stuarts folgen die Welfen: Im Jahr 1714 fällt Englands Krone an einen deutschen Kurfürsten, König Georg I. von Hannover. Als Königin Victoria 1840 ihren deutschen Cousin Albert heiratet, wechselt damit auch der royale Familienname. Über die Briten herrscht seitdem das Haus Sachsen-Coburg und Gotha. Lange Zeit hat daran auch niemand etwas auszusetzen.

Doch im Sommer 1917 ist König Georg V. fest entschlossen, das Königshaus als britische Institution neu zu definieren. Und das mit triftigem Grund: Es tobt der Erste Weltkrieg; und je länger der dauert, desto peinlicher wird Georg seine Verwandtschaft mit der Pickelhaube. Denn: Das britische Volk ist nicht unbedingt gut auf diese zu sprechen. Im Gegenteil: Weltweit wächst der Groll auf alles Deutsche.

In den USA wird das Sauerkraut zum Freiheitskraut, (der einstige „frankfurter“ zum hot dog,) als Ersatz für das teutonisch klingende „Südtirol“ erfinden die Italiener den „Alto Adige“ und das Fettgebäck Berliner heißt in Südaustralien plötzlich „Kitchener Bun“. Als die britischen Hundezüchter den Deutschen Schäferhund in Elsässer Wolfshund umtaufen, muss König Georg handeln. Er muss Loyalität zu seiner Nation zeigen, seine Familie als Patrioten ausweisen. Nur was tun? Georg handelt pragmatisch: Er übernimmt kurzerhand den unverfänglichen Namen von einem seiner Schlösser. Statt Sachsen-Coburg und Gotha nennt er seine Familie fortan: Windsor.

Offensichtlich ein guter Name, denn den tragen die britischen Royals bis heute. Übrigens: Das sogenannte „Freiheitskraut“ heißt bald nach 1918 wieder Sauerkraut. Das liberty sandwich darf man getrost wieder Hamburger nennen. Und auch der Elsässer Wolfshund heißt bei den Briten inzwischen offiziell wieder Deutscher Schäferhund. Wie Goethe einst in seinem „Faust“ so treffend formulierte: Manche Namen sind doch nur Schall und Rauch.


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