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10. März 1899 Führerschein wird Pflicht in Frankreich

Begeistert fieberten die Franzosen mit den ersten Motorsporthelden, und da war es kein Wunder, dass die frühen Automobil-Freunde auch selbst am Volant sitzen wollten. Am 10. März 1899 musste in Frankreich die Führerscheinpflicht eingeführt werden.

Stand: 10.03.2011 | Archiv

10 März

Donnerstag, 10. März 2011

Autor: Tobias Feld

Sprecher: Hans-Jürgen Stockerl

Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung

Das automobile Zeitalter, wie wir es kennen, kam mit dem "Roten Teufel". So nannte Frankreich im Jahr 1899 Camille Jenatzy, seinen ersten Rennsporthelden. Der Belgier mit dem feuerroten Schopf brach mit seinen tollkühnen Konstruktionen Geschwindigkeitsrekord um Geschwindigkeitsrekord und zog damit die Grande Nation in den Bann. Es war eine Zeit, in der das ganze Land dem Automobilfieber erlag: Überall schlossen sich Enthusiasten zu Automobilclubs zusammen, begeisterten sich an Straßenrennen und erstanden die ersten Fabrikate eines gewissen Louis Renault. Doch nichts faszinierte dabei so, wie ein von der Zeitung La France Automobile angezetteltes Duell zwischen Camille Jenatzy und Gaston de Chasseloup-Laubat, einem adeligen Automobilrennfahrer.

Für die Fahrkünste der Nation interessierte man sich dagegen zunächst weniger. Erste straßentaugliche Gefährte waren bereits ab 1876 in Umlauf. Doch erst am 10. März 1899 verkündet Émile François Loubet, Frankreichs achter Präsident, im Amtsblatt "Journal officiel" die erste Straßenverkehrsordnung der Welt, und damit auch die Führerscheinpflicht. Zuvor hätten Unfälle wie Unannehmlichkeiten gleichermaßen zugenommen, wie Le Président ausführte. Immer öfter würden Automobile "Pferde aufschrecken, den Boden beschädigen oder schlicht zu viel Staub aufwirbeln". Mit 22 Paragraphen setzte Loubet fortan der Fahrlust enge Leitplanken.

Der Euphorie tat dies freilich keinen Abbruch: Im April eben dieses Jahres 1899 fährt der Teufelskerl Camille Jenatzy mit einem 1.000 Kilogramm schweren Elektrogefährt, das halb Seifenkiste, halb Torpedo ist, als erster Mensch schneller als 100 Kilometer pro Stunde. Frankreich jubelt, und vollführt den Siegeszug des Automobils: Bereits bis Anfang November 1899 wurden nach Überlieferungen für den Großraum Paris 1.795 Führerscheine ausgestellt.

In Deutschland ist es ein Beamter des Großherzoglichen Badischen Bezirksamts, der schon im August 1888 das Tor zum Zeitalter des Massentransportmittels Auto aufstößt. Der Autopionier Carl Benz fährt fortan mit seinem patentierten Motorwagen knatternd durch die Gassen Mannheims, in der Tasche führt er den ersten Führerschein seines Landes. Seinen so beworbenen "vollständigen Ersatz für Wagen mit Pferden" präsentierte Carl Benz noch 1889 auf der Pariser Weltausstellung der staunenden Öffentlichkeit.

Anfangs galt jedoch Autofahren als teures Vergnügen der Elite; Kaiserdeutschland sah deshalb lange keinen Handlungsbedarf, eine reichsweite Führerscheinpflicht zu erlassen. 1907 gab es in Deutschland laut Statistischem Bundesamt gerade einmal 10.115 Autos, doch die Unfälle häuften sich. Als 1909 auf hiesigen Straßen schon 531 Menschen ihr Leben ließen, reagierte Berlin - und führte 1910, nach 22 Jahren freizügiger Handhabung, eine Führerscheinpflicht ein. Angehörige regierender Fürstenhäuser waren davon noch ausgenommen. Wer ein Land lenken konnte, hätte mit einem Automobil, so dachte man sich wohl, keine Probleme.

Heute weiß man von Liebhabern, die ihr Auto in der Garage wie einen Schatz hüten, jedoch niemals auf die Idee kämen, es auf die Straße zu bewegen. Der heutigen Jugend ist diese Leidenschaft fremd. Jahrzehntelang verlieh ihr die Automobilität Status, und das Gefühl von Freiheit. Laut Verkehrsforschern verzichtet diese Generation mittlerweile gerne auf den Golf und schmückt sich lieber mit den Utensilien des digitalen Zeitalters. Einen Grund zur Freude hat die Automobilbranche dennoch: Seit Beginn 2011 dürfen auch 17-Jährige Auto fahren, wenn auch nicht alleine.


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