Bayern 2 - Das Kalenderblatt


1

7. März 1846 Heinrich Heine schreibt sein Testament

Am Ende litt Heinrich Heine nicht nur unter der Politik seiner Zeit, sondern auch noch unter körperlichen Beschwerden. Berühmte Ärzte kamen zu falschen Diagnosen und Heine ertrug falsche Behandlungen. Am 7. März 1846 schrieb er sein Testament.

Stand: 07.03.2011 | Archiv

07 März

Montag, 07. März 2011

Autor(in): Susanne Tölke

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung

Die ersten Krankheitssymptome bekam er schon mit 35 - erst eine Lähmung der linken Hand, dann stechende Augenschmerzen. Er ging zu Dr. Gruby, einem der bekanntesten Ärzte von Paris. Zu seinen Patienten gehörten George Sand und Frédéric Chopin, Alexandre Dumas und Franz Liszt. Jetzt also auch Heinrich Heine, der berühmte Emigrant aus Deutschland. Dr. Gruby erklärte bereits beim ersten Besuch des Patienten, die Krankheit käme vom Rückenmark, es handle sich um eine Syphilis. Das erklärten in der Folge auch die anderen Ärzte, die Heine konsultierte.

Die Symptome sprachen alle dafür - doch heute wissen wir, dass die Diagnose nicht stimmte. Heine hatte ALS, amyotrophe Lateralsklerose, eine Krankheit, bei der nach und nach die Muskeln ihren Dienst versagen. Eine Krankheit, die man damals noch nicht kannte. Insofern ist Dr. Gruby kein Vorwurf zu machen, helfen konnte er allerdings nicht. Heinrich Heine versuchte es deshalb beim nächsten berühmten Arzt, Dr. Roth. Er praktizierte die damals noch ganz junge homöopathische Medizin, die Samuel Hahnemann erst zwanzig Jahre zuvor begründet hatte.

Ganz Paris rannte zu Dr. Roth, nach der Devise "l´homéopathique, c´est chic!" Als auch hier kein Erfolg eintrat, schob Heine das auf die Unwirksamkeit der hochverdünnten Tinkturen. Er schickte dem Arzt ein rundes Stückchen Papier und schrieb dazu: "Durch Ihre Forschungen ist ja bekanntlich festgestellt, dass ein millionstel Teil die größte Wirkung bringt. Hier sende ich Ihnen den millionstel Teil einer Salami aus Lyon. Sie wird Ihnen gewiss so schmecken wie eine ganze."

Zehn Jahre laborierte er herum, dann wurde ihm klar, dass es keine Besserung mehr geben würde. Er heiratete seine Lebensgefährtin Mathilde, um sie nach seinem Tod versorgt zu wissen, und schrieb am 7. März 1846 sein erstes Testament. Er setzte Mathilde zur Alleinerbin ein. In seinem zweiten Testament von 1851 fügte er eine Änderung hinzu: Die Verwaltung des schriftlichen Nachlasses übertrug er dem Sohn seiner Schwester, seinem Neffen Ludwig van Embden - allerdings sollten die Tantiemen weiterhin an Mathilde fließen. Das war wohl auch der Grund, warum der Neffe es nach Heines Tod nicht besonders eilig hatte, nach Paris zu fahren.
Als er schließlich eintraf, hatte sich Mathilde schon mit ihrem Verehrer Henri Julia zusammengetan und den Nachlass gesichtet.

Da beide kein Deutsch konnten, legten sie alles, was wie Lyrik aussah, auf einen Stapel, und alles, was wie Prosa aussah, auf den andern. Nur die Überschrift "Mémoiren" konnten sie verstehen, und die wurden Heines Vetter in Hamburg geschickt, der darauf bestanden hatte, dass keine Details aus der Familiengeschichte an die Öffentlichkeit dringen sollten. Er bekam die Mémoiren und zahlte daraufhin pünktlich Mathildes Witwenpension - Geschäft ist Geschäft. Heinrich Heine hatte auch das schon vorausgesehen.

Wenn ich sterbe, wird die Zunge
ausgeschnitten meiner Leiche,
denn sie fürchten: redend käm ich
wieder aus dem Schattenreiche.

Stumm verfaulen wird der Tote
in der Gruft, und nie verraten
werd ich die an mir verübten
lächerlichen Freveltaten.


1