Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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2. Dezember 1717 Bach wird aus dem Gefängnis entlassen

So ein Dickkopf! Wegen "Halsstarrigkeit" kam Johann Sebastian Bach im Herbst 1717 ins Gefängnis. Er hatte sich schlicht geweigert seinem Auftraggeber treu zu dienen. Erst am 2. Dezember kam der Komponist wieder frei.

Stand: 02.12.2014 | Archiv

02 Dezember

Dienstag, 02. Dezember 2014

Autor(in): Silke Wolfrum

Sprecher(in): Andreas Wimberger

Illustration: Angela Smets

Redaktion: Julia Zöller

Musiker werden ja aus den unterschiedlichsten Gründen eingesperrt. Die einen, wir wollen sie mal "die Egozentriker" nennen, weil sie andere verprügelten, wie Boy George oder Bushido, in unerlaubtem Drogenbesitz waren, wie James Brown, Bob Marley, Mick Jagger und noch jede Menge anderer oder weil sie sich auf einem Konzert entblößten, wie Jim Morrison angeblich in Miami.
Andere kommen um der Musik willen hinter Gitter. So der Wiener Klaviermeister Jacob Freystädtler, der einfach mal ein Klavier klaute. Eine dritte Gruppe Musiker wandert aus politischen Gründen in den Knast. Bestes Beispiel:
Die Punkrock-Band Pussy Riot. Ihr Protest gegen Putin und die Kirche führte zu fast zwei Jahren Lagerhaft.
Aus welchen dieser drei Motive Johann Sebastian Bach eingesperrt wurde, ist Interpretationssache.

Bin beleidigt!

Zum einen ist es erst einmal wohl gekränkte Eitelkeit, die ihn dazu veranlasst, nichts mehr für seinen Weimarer Dienstherren Herzog Wilhelm Ernst zu komponieren. Hat dieser doch tatsächlich Georg Phillip Telemann und nicht ihm die Stelle des Kapellmeisters angeboten. Und das, obwohl Bach seit neun Jahren beste Arbeit für den Herzog leistet und für die Stelle wie geschaffen ist. Auf Bachs förmliches Gesuch antwortet der Herzog nicht, eine Audienz gewährt er ihm nicht und - der Gipfel der Frechheit - er streicht die Notenpapierlieferungen an Bach.
Da kann man schon mal wütend werden und den Arbeitgeber wechseln wollen!

Vor allem, wenn der neue potentielle Arbeitgeber - Fürst Leopold von Köthen - Bachs Talent besser zu schätzen weiß und ihn vom Lakai in den Rang eines Hofoffiziers erheben will. Bach soll in Köthen die alleinige Verantwortung über die Hof-, Kammer- und Tafelmusik erhalten. Großartige Möglichkeiten für seine musikalischen Ambitionen.

Da wir uns aber Anfang des 18. Jahrhunderts befinden, führt der Wunsch Wohnort und Arbeitgeber zu wechseln schnell zu politischen Verwicklungen. Zumal, wenn man sich über das geltende Recht hinwegsetzt und mit Fürst Leopold von Köthen einen Vertrag abschließt, ohne vorher daheim in Weimar Herzog Wilhelm Ernst um Entlassung zu bitten. Ohne die ausdrückliche Erlaubnis des Herzogs darf Bach nicht wegziehen, er ist eben nur ein Lakai. Und so sitzt er fest.

Wasser, Brot und Notenpapier

"Halsstarrigkeit" heißt der offizielle Grund, für den Bach im November des Jahres 1717 in die Weimarer Landrichterstube gesperrt wird. Seine Widerspenstigkeit muss bestraft werden. Bei Wasser und Brot vertreibt er sich die Zeit mit der Weiterarbeit am "Wohltemperierten Klavier"und dem "Orgelbüchlein".
Wer weiß, wie lange er eingekerkert geblieben wäre, wenn Fürst Leopold von Köthen und König August der Starke höchstpersönlich sich nicht für ihn eingesetzt hätten. Diese beiden Herren aber halten große Stücke auf Bachs musikalisches Talent. Dank ihrer Fürsprache wird Bach nach vier Wochen Arrest "in Ungnade" entlassen und ist doppelt frei: Er kann nicht nur das Gefängnis, sondern auch das Land samt fiesem Herrscher verlassen. Der Tag seiner neuen Freiheit war der
2. Dezember 1717.


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