Fehlt es im Deutschen Fußball-Bund (DFB) in den Führungsgremien an Kompetenz? Ja, zumindest wenn es nach Matthias Sammer geht. Der frühere Sportvorstand hat im Rahmen eines internationalen Trainer-Kongresses in Dresden kritische Worte nach dem WM-Debakel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gefunden - aber auch mögliche Lösungen aus der Krise aufgezeigt.
"Wir brauchen ein paar Leute, die die Identität des Fußballs geprägt haben und wissen, wie Erfolg geht", sagte der 50-Jährige, der lange Jahre Sportvorstand beim FC Bayern war, von von 2006 bis 2012 auch selbst beim DFB arbeitete. Sammer vermied es, bei seinen kritischen Worten Namen zu nennen. Dafür hatte er konkrete Vorschläge, wen er sich vorstellen könnte, um dem DFB nach der blamablen WM-Vorstellung den Weg zurück in die Weltspitze zu weisen. Unter anderem nannte Sammer die beiden ehemaligen Bayerntrainer Jupp Heynckes und Ottmar Hitzfeld. Auch Oliver Kahn könne in bestimmten Bereichen helfen.
Sammer weitete seine Forderung nach strukturellen Veränderungen auch auf die Deutsche Fußball-Liga (DFL) und einige Vereine aus. "Ist dort genügend reine Fußball-Kompetenz gegeben?", so Sammer: "Wenn ich mir beim DFB das Führungsgremium anschaue, sehe ich ganz honorige Leute, auch die Vorsitzenden in den Landesverbänden, das ist richtig und wichtig." Man benötige aber auch Fußball-Kompetenzen in den Top-Positionen.
Wo war Löw?
Als Beispiel für die Notwendigkeit struktureller Veränderungen nannte Sammer auch die Tatsache, dass Bundestrainer Joachim Löw nicht zur Trainertagung erschienen war. Dies hatte mehrfach für Kritik gesorgt. "Wo ist das Äquivalent im Verband, das sagt: Jogi, geh dahin?", fragte Sammer. Die derzeitigen Strukturen hätten auch zu so seltsamen Entscheidungen geführt, dass schon vor der Analyse des WM-Scheiterns feststeht, dass die handelnden Personen im Amt bleiben werden.
Gleichzeitig betonte Sammer aber auch, dass die Auswertung der WM eine Sache von Qualität, nicht von Geschwindigkeit sein müsse. Allerdings hat sich der DFB möglicherweise ohnehin schon zu viel Zeit gelassen. "Vieles hätte nach dem WM-Titel (2014) schon auf den Prüfstand kommen müssen", sagte etwa der frühere Bundesligatrainer Christoph Daum: "Es gilt einige Dinge zu modifizieren, da hatte eigentlich schon die EM (2016) einige Rückschlüsse geboten." Der Begriff Scheideweg, wie ihn in Dresden der sportliche Leiter der DFB-Nationalmannschaften, Joti Chatzialexiou, verwendet hat, sei ihm aber zu extrem. Auch Daum bedauerte das Nicht-Erscheinen Löws: "Ich hoffe und wünsche mir, dass in Zukunft auch in solchen Situationen der Nationaltrainer bei einem solchen internationalen Trainer-Kongress präsent ist."
Bei anwesenden DFB-Vertretern kam die Sammer-Kritik durchaus positiv an. "Wir sehen es auch so, dass einige Strukturen verändert und angepasst werden sollten", sagte beispielsweise DFB-U18-Trainer Meikel Schönweitz. U21-Trainer Stefan Kuntz hatte bereits am Montag (30.07.18) gesagt: "Es ist zu hoffen, dass dieses bedauerliche WM-Aus ein bisschen wachrüttelt und die Bereitschaft erhöht, über Veränderungen nachzudenken und Lösungen zu finden." Bundestrainer Joachim Löw will seine WM-Analyse voraussichtlich am Tag des Bundesliga-Auftakts (24.08.18) in München präsentieren.