Diese Ausstellung verlässt man mit tausend nagenden Fragen. Und einem leicht mulmigen Gefühl. Es ist ein bisschen wie im Zoo: Man denkt, man geht Tiere anschauen. Dann merkt man, das Tier schaut einen an. Das Tier in dir. Im Museum ist es noch besser zu spüren, weil ohne Käfig. Das Animalische im Menschen, das geknechtete, das verleugnete, das mörderische, das sehnsüchtige Tier in mir. Am Ende hätte man Lust auf mehr, aber „Tiere. Respekt/ Harmonie/ Unterwerfung“ ist eine kleine Ausstellung zu einem überragend wichtigen Thema. Und sie geht irgendwie nicht weit genug. Wir vermissen Exponate über das Artensterben, - gibt es nicht die Schockmeldungen über gewaltige Verluste bei den Vogel- und Insektenpopulationen in Deutschland? Oder das Tierthema als Exerzierfeld für Rechthaber, moderne Tugendwächter und asketische Sauertöpfe. Oder das Tamagotchi als sauberes Tier, das die Menschen auf kommende technische Begleiter vorbereitet. Sabine Schulze, Direktorin des Hamburgischen Museums für Kunst und Gewerbe, hätte das ganze Museum frei räumen sollen. Aber immerhin, schon mit dieser kleinen Ausstellung kann sie beeindrucken. Am Eingang zur Ausstellung steht die riesige Reproduktion einer Höhlenmalerei aus Afrika. Der Mensch wimmelt klein zwischen Büffeln, Zebras, Antilopen und Löwen umher, und fuchtelt mit dürren Speeren. Über der Szene als transparente Schemen zwei Elefanten wie Schutzgötter. Ein Raum weiter: In ewiger Wiederholung sehen wir Filmsequenzen, in denen ein Zirkuselefant den Befehlen „Hinlegen“ und „Aufstehen“ gehorcht und dabei eine traurige Figur abgibt. Um die Ecke das Aquarell einer Fledermaus aus der Dürerzeit, vom California Institute of Technology als Drohne nachgebaut. Ein spektakuläres Objekt. Lautlos. Schnell. Ihre filigranen Gleitflügel sind mit über vierzig Gelenken versehen. Die sogenannte Bat-Bot bewegt sich sicher und unbemerkt durch die Nacht und wiegt nur 93 Gramm.
Dann ein Bildschirm, auf dem Joseph Beuys, Künstler und späterer Grünen-Politiker, zu sehen ist – in einem Käfig mit einem Kojoten. Er versucht, Kontakt zu dem Tier aufzunehmen, das seinerseits oft aus dem Fenster schaut. Am Ende zerfetzt der Kojote den Filzumhang des Künstlers. So viel zum Kontakt. Die Ausstellung heißt Tiere, handelt aber vom Menschen. Wie er sich im Tier sieht, wie er dessen Schönheit genießt, von ihm lernt, es beherrscht. Es isst. Eine ausgeklügelt gestaltete Eberkopfterrine – der Porzellankopf des zähnefletschenden Tiers liegt auf einem Servierteller. Gefüllt mit appetitlich geschnetzeltem Fleisch tritt ihm der Dampf wütend aus Mund und Nase. Das Exponat zeigt, wie Essen und Jagen einst miteinander verbunden waren. Kant hat gesagt, der Mensch sei ein von den vernunftlosen Tieren durch Rang und Würde ganz unterschiedenes Wesen. Dass da ein Unterschied ist, liegt auf der Hand. Aber was ist mit der Vernunft? Ist es nicht gegen jede Vernunft, die Bienen zu killen, die uns umsonst die Obstbäume bestäuben? Wie gesagt, tausend nagende Fragen. Eine Ausstellung.