Freude bei Ursula von der Leyen nach dem Votum des EU-Parlaments
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Neue EU-Kommission kann starten: Was von der Leyen jetzt vorhat

Neue EU-Kommission kann starten: Was von der Leyen jetzt vorhat

Ein halbes Jahr nach der Europawahl hat das EU-Parlament Ursula von der Leyens Team bestätigt. Dessen Zusammenstellung hat für Ärger gesorgt, aber jetzt kann die Arbeit beginnen. Das sind die Schwerpunkte.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Die Arbeitsschwerpunkte der neuen EU-Kommission unterscheiden sich deutlich von denen der vergangenen Legislaturperiode. Angesichts des russischen Angriffskrieges in der Ukraine muss sich die EU in der Verteidigung besser aufstellen, sie will gegenüber den USA und China wirtschaftlich Boden gutmachen und bürokratische Hürden abbauen. Das Ziel, in der EU bis 2050 klimaneutral zu werden, bleibt bestehen. Es wird aber ergänzt um die Forderung, Bevölkerung und Unternehmen stärker einzubinden.

Autoindustrie ist Sache der Chefin

Von der Leyen verspricht, in den ersten 100 Tagen der Amtszeit Pläne für einen "Clean Industrial Deal" vorzulegen. Dafür sind maßgeblich ihre Stellvertreter Stephane Sejourné und Teresa Ribera verantwortlich, die sich um Industriepolitik und den nachhaltigen Wandel kümmern.

Der (besonders für Deutschland) wichtige Bereich der Automobilindustrie mit Millionen Arbeitsplätzen bei Fahrzeugherstellern und Zulieferern ist Chefinnensache: Den strategischen Dialog zur Zukunft der Branche will von der Leyen selbst leiten. Die erste große Initiative der neuen Kommission soll ein Kompass für Wettbewerbsfähigkeit werden – dabei geht es unter anderem darum, mehr Geld in Forschung und Entwicklung zu stecken.

Nach von der Leyens Angaben ist Europas Anteil an weltweiten Patentanmeldungen so hoch wie der von USA und China. Aber nur ein Drittel davon werde kommerziell verwertet. Auch sei die EU bei der Gründung von Start-ups in etwa so gut wie die USA, schneide aber viel schlechter ab, wenn es darum gehe, solche Firmen groß zu machen.

Neuer Verteidigungskommissar

Nach von der Leyens Worten sind massive Investitionen nötig, um Europas Wohlstand und Sicherheit zu garantieren. So gebe Russland bis zu neun Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung aus, Europa im Durchschnitt knapp zwei Prozent. Die Kommissionschefin verlangt deshalb, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen, einen einheitlichen Markt für Rüstungsgüter zu schaffen und gemeinsame Projekte voranzubringen.

Das soll der neue Verteidigungskommissar Andrius Kubilius erledigen, zusammen mit der Außenbeauftragten Kaja Kallas. Die Kommission geht von einem Zusatzbedarf von 500 Milliarden Euro aus, um Europa in den kommenden zehn Jahren vor allem gegen Russland abzusichern.

Woher kommt das Geld?

Um die europäische Wirtschaft fit zu machen, braucht es ebenfalls enorme Summen: Der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, geht in seinem Bericht von bis zu 800 Milliarden Euro jährlich aus. Woher das Geld kommen soll, ist offen. Der Plan, dafür wie während der Corona-Pandemie gemeinsame Schulden aufzunehmen, ist umstritten. Die Bundesregierung lehnt ihn ab.

Weitgehend unstrittig ist, dass die EU bürokratische Hürden abbauen und Vorschriften straffen muss, um Firmen zu entlasten. Von der Leyen sagt das zu. Der Österreicher Markus Brunner soll als Kommissar für Migration die Umsetzung des EU-Asylpaktes voranbringen. Die Mitgliedsstaaten verlangen, abgelehnte Asylbewerber schneller abzuschieben und wirksamer gegen irreguläre Migration vorzugehen.

Politischer Flurschaden

Von der Leyen betont in ihrer Rede, mit den demokratischen, pro-europäischen Kräften der Mitte im EU-Parlament zusammenarbeiten zu wollen. Gegen die Kräfte an den Rändern teilt der Vorsitzende der christdemokratischen EVP-Fraktion, Manfred Weber, kräftig aus: Die AfD, der Rassemblement National von Marine Le Pen und Viktor Orbans Fidesz seien für ihn politische Gegner.

Sozialdemokraten und Grüne werfen dem CSU-Politiker vor, sich nicht klar genug von den Rechtsaußen-Fraktionen abzugrenzen und auch auf deren Stimmen zu setzen. Der Machtpoker rund um die Anhörungen der Kommissarinnen und Kommissare in den Parlamentsausschüssen hat Spuren hinterlassen. Dabei schnürte Weber mit Sozialdemokraten und Liberalen ein Paket, das einen wichtigen Vizepräsidentenposten für Raffaele Fitto von den ultrarechten Fratelli d’Italia vorsah. Fitto wird zwar am Mittwoch bestätigt. Aber wegen der umstrittenen Personalie verweigern die Europaabgeordneten der SPD und einige Grüne der neuen Kommission ihre Zustimmung.

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