Moschee in der Schlachthofstraße in Memmingen
Bildrechte: BR / Michael Frick

Vor dem bestehenden Turm, in dem ein Treppenhaus Platz findet, will der Memminger Moscheeverein an der Schlachthofstraße ein Minarett errichten.

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Nein zu Minarett: Wie geht es weiter an der Memminger Moschee?

Der Stadtrat hat den Bauantrag für ein Minarett an der Moschee in einem Memminger Gewerbegebiet abgelehnt. Die Türkisch Islamische Gemeinde will dagegen klagen. "Man sollte baurechtlich vorgehen und nicht nach Bauchgefühl", so ihr Argument.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau - Der Süden am .

Der Betonsockel ist schon gegossen, der Bauplan ausgearbeitet. Baurechtlich wäre ein 24 Meter hohes Minarett in dem Gewerbegebiet grundsätzlich genehmigungsfähig, es besteht dort kein Bebauungsplan, der maximale Gebäudehöhen festlegt. Der Vorsitzende der Türkisch Islamischen Gemeinde Memmingen, Muhammet Kul, ist "traurig", dass der Stadtrat trotzdem nein gesagt hat zu einem Minarett in dieser Größe.

"Wir sind ein ganz normaler Bauherr"

"Man sollte baurechtlich vorgehen und nicht nach Bauchgefühl", sagt er, und: "Wir sind ein ganz normaler Bauherr, wie alle anderen auch." Rund 700 Mitglieder hat die Türkisch Islamische Gemeinde Memmingen, beim Freitagsgebet ist der Gebetssaal voll. Viele von ihnen leben schon in dritter oder vierter Generation in Memmingen.

Bei einer Umfrage für die Abendschau im BR Fernsehen sagt einer: "Ich bin jetzt 26 Jahre alt und unsere Opas, die waren auch schon hier, wir sind schon ein fester Bestandteil der deutschen Kultur, auch in Memmingen." "Ich denke, hier wurde mit zweierlei Maß gemessen, religiös und politisch", meint ein anderer.

Ablehnung mit 20 zu 20 Stimmen

Der Stadtrat hatte am Montag vergangener Woche mit 20 zu 20 Stimmen über den Bauantrag abgestimmt, bei Stimmengleichheit gilt der Antrag als abgelehnt. Oberbürgermeister Jan Rothenbacher hatte selbst für den Bauantrag gestimmt, will von einer rechtlichen Prüfung der Entscheidung aber absehen und das Votum akzeptieren. "In der persönlichen Perspektive" habe er nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er den Bauantrag "unterstütze und auch sage, in unserer vielfältigen Stadt müssen wir für sowas einen Platz haben und das steht den Bürgerinnen und Bürgern auch zu".

Gleichzeitig gebe es aber auch "die professionelle Perspektive", wonach er als Oberbürgermeister "das einfach neutral gemäß Baurecht zu prüfen hat". Für eine Genehmigung sei es ebenfalls ein wichtiges Kriterium, wie sich ein Gebäude in die umliegende Bebauung einfügt. In angrenzenden Stadtvierteln schreiben die Bebauungspläne etwa maximale Gebäudehöhen von 16 Metern vor.

CSU stimmte gegen Minarett

Der Fraktionsvorsitzende der CSU, Horst Holas, hat mit seinen Parteikollegen im Stadtrat gegen das Minarett gestimmt, und das nicht nur wegen der geplanten Höhe von 24 Metern. Man habe "Ängste, Befürchtungen und Sorgen" aus der Stadtgesellschaft "ernst genommen und hereingetragen in diese politische Entscheidung", sagte er dem BR.

Im Vorfeld der Abstimmung hatte seine Fraktion in einer schriftlichen Mitteilung erklärt, ein Minarett werde von vielen als Symbol eines "politischen Islam" wahrgenommen. Auch die Türkisch-Islamische Union Ditib, die dem türkischen Staat untersteht, und der auch der Memminger Moscheeverein angehört, werde von vielen kritisch gesehen.

"Wir wollen hier nur unsere Religion ausüben"

Muhammet Kul vom Moscheeverein dagegen sagt: "Wir wollen hier nur unsere Religion ausüben". Laut dem Bauantrag seien keine Lautsprechereinrichtungen an dem Minarett vorgesehen und es werde auch "kein Muezzin auf das Minarett steigen".

Kul spricht von einer Anti-Stimmung gegen alle Muslime, die er nach dem Terror-Angriff der Hamas auf Israel vielerorts spüre. Er glaube, dass das auch das Abstimmungsverhalten mancher Stadträte beeinflusst haben könnte. In den mehr als 40 Jahren, die sein Verein in Memmingen aktiv sei, habe es nie Probleme gegeben. Es sei schade, "dass man uns in solche Sachen reinziehen will".

Entscheidung über Bauantrag vor Gericht?

Laut einer Sprecherin der Stadt Memmingen gilt nach dem Stadtratsbeschluss gegen den Bauantrag jetzt noch eine Frist bis Ende des Monats, innerhalb der sich der Moscheeverein noch einmal dazu äußern könnte. Zum Beispiel könnte er mit einem "modifizierten Bauantrag" in Richtung eines kleineren Minaretts erreichen, dass der Stadtrat sich noch einmal damit befasst. Sollte der Verein davon keinen Gebrauch machen, werde nach Ablauf der Frist der förmliche Ablehnungsbescheid für den Bauantrag zugestellt.

Laut Muhammet Kul habe man im Vereinsvorstand aber bereits die Entscheidung getroffen, gegen die Ablehnung zu klagen. Klagt die Türkisch Islamische Gemeinde Memmingen wie angekündigt und wird die Klage zugelassen, dürfte eine erneute Entscheidung über den Bauantrag dann vor dem Verwaltungsgericht in Augsburg fallen.

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