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Frauenhäuser in Bayern: Zu wenig Plätze, zu wenig Geld

Frauenhäuser in Bayern: Zu wenig Plätze, zu wenig Geld

Frauenhäuser in Bayern sind überlastet, und es fehlen Plätze für schutzsuchende Frauen und Kinder. "Es ist, als wäre es ein Hobby, gewaltbetroffenen Frauen zu helfen", sagt eine Frauenhaus-Leiterin aus Nürnberg. Eine gesicherte Finanzierung fehlt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Gewalt gegen Frauen bleibt ein gravierendes Problem, auch in Bayern. Der Bedarf an Frauenhausplätzen ist deutlich größer als das Angebot. Insgesamt gibt es im Freistaat 41 staatlich geförderte und drei nicht staatlich geförderte Frauenhäuser mit 389 Plätzen für Frauen und rund 440 für Kinder.

Bundesweit fehlen 15.000 Plätze in Frauenhäusern

Doch die Plätze reichen längst nicht aus. Laut Istanbul-Konvention – einem Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen – wären übertragen auf Bayerns Einwohnerzahl mehr als drei Mal so viele Plätze nötig. Bundesweit fehlen laut Gewerkschaft der Polizei 15.000 Plätze in Frauenhäusern.

"Die Finanzierung ist oft unzureichend", erklärt Silvia Wallner-Moosreiner vom Sozialdienst katholischer Frauen Bayern im Gespräch mit BR24. Träger müssten zehn Prozent Eigenmittel beisteuern, was viele überfordere. Zudem habe der Bund 2023 seine Baufinanzierung eingestellt. "Das verzögert neue Projekte erheblich", so Wallner-Moosreiner weiter.

Frauenhäuser freiwillige Leistung der Kommunen

Ein weiterer Punkt: Es fehlt ein gesetzlicher Rechtsanspruch auf Schutzplätze. "Derzeit ist das eine freiwillige Leistung der Kommunen, die selbst oft finanziell überlastet sind", sagt auch Stefanie Fraaß vom Arbeiterwohlfahrtsverband Bayern.

Auch der angespannte Wohnungsmarkt trägt zur Überlastung bei. "Frauenhäuser können oft keine neuen Frauen aufnehmen, weil Plätze durch fehlende Anschlusslösungen blockiert sind. Viele Frauen müssen so in die Wohnungslosigkeit entlassen werden", so Fraaß weiter.

Ein Beispiel aus Nürnberg

"Sofia", die ihren echten Namen nicht nennen möchte, hat es geschafft, sich aus einer gewaltvollen Ehe zu befreien. Zehn Jahre lang war sie psychischer und körperlicher Gewalt ausgesetzt, bevor sie 2022 mit ihren zwei Kindern endgültig fliehen konnte. Ihr Lehrer – sie machte damals ihren Hauptschulabschluss nach – half ihr, Kontakt mit dem Frauenhaus Nürnberg aufzunehmen.

"Auf der einen Seite war ich glücklich, auf der anderen Seite wusste ich nicht, wie es weitergehen soll", erinnert sich Sofia. Heute lebt sie mit ihren Kindern in einer eigenen Wohnung in Nürnberg. "Meine Freiheit war mein größter Wunsch, und den habe ich mir erfüllt", sagt sie.

Frauenhäuser am Limit

Das Frauenhaus Nürnberg hat 21 Plätze – viel zu wenig angesichts der hohen Nachfrage, berichtet die Frauenhaus-Leiterin Barbara Grill. Jedes Jahr muss die Einrichtung etwa 300 Frauen abweisen. "Wir sind oft ausgebucht. Es gibt selten freie Plätze", so Grill. Ein Aufenthalt dauert maximal sechs Monate. Sechs Monate, um wieder auf die Beine zu kommen und sich ein gewaltfreies Leben aufzubauen.

Viele Frauenhäuser hoffen seit Jahren auf das Gewaltschutzgesetz, das eine gesicherte Finanzierung garantieren soll. Doch bisher ist die Umsetzung unklar. "Es ist, als wäre es unser Hobby, gewaltbetroffenen Frauen zu helfen, und keine staatliche Aufgabe", kritisiert Grill.

Forderungen nach bundesweiter Regelung

Die Mitarbeiter der Frauenhäuser sind sich einig: Es braucht dringend eine bundesweit verbindliche Regelung und eine bessere finanzielle Ausstattung für Frauenhäuser. Für eine geplante Erweiterung in Passau gibt es beispielsweise erst 2025 neue Kapazitäten. Der Schutz gewaltbetroffener Frauen und ihrer Kinder darf keine Frage von kommunalen Finanzen bleiben, sagt Stefanie Fraß vom Arbeiterwohlfahrtsverband Bayern. Sie fordert, dass das vom Bundesministerium für Familie vorgelegte Gewaltschutzgesetz noch vor den Neuwahlen verabschiedet wird.

Hilfe für Betroffene

Wenn Sie oder jemand in Ihrem Umfeld von Gewalt betroffen ist, wenden Sie sich an das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen unter der Nummer 08000 116 016 oder an die Frauenhauskoordinationsstelle in Ihrer Nähe.

Im Video: Familienministerin Scharf zum Schutz von Frauen vor Gewalt

Im Video: Familienministerin Scharf zum Schutz von Frauen vor Gewalt
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