"Attacke! Lasst keinen entwischen!" Der Zehnjährige Theo schreit über das ganze Gelände. Das Spiel Räuber und Polizist hat begonnen. 20 Kinder rennen zwischen Hügeln, Holzhütten und Rutschen.
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Dreimal pro Woche kommen Sechs- bis Zwölfjährige auf diesen Abenteuerspielplatz in Bayreuth. Der Spielplatz gehört dem Kids-Treff: einer Einrichtung, die Kinder von der Straße holen will. Denn im Stadtteil Neue Heimat leben viele Kinder, die unter schwierigen Verhältnissen aufwachsen.
Viele Migranten - Integrationspreis für Kids-Treff
Gerade alleinerziehende Mütter, die bis abends um 8 Uhr arbeiten, seien überfordert, sagt die Leiterin des Kids-Treffs, Heike Meyer im BR24-Gespräch. Sie hätten dann keine Kraft mehr, mit ihren Kindern Hausaufgaben zu machen. "Es gibt aber auch Mütter, die die ganze Zeit nur am Handy sind, und wo das Kind manchmal kommuniziert, dass die Mama sich nicht für das Kind interessiert."
Besonders solchen Kindern will der Kids-Treff helfen und Ansprechpartner sein. Die Einrichtung soll ein Angebot für jeden sein: Ohne Anmeldung darf hier jeder kommen und gehen, wann er will. Religion oder Nationalität spielen keine Rolle: 80 Prozent der Kinder haben einen Migrationshintergrund. Auch deshalb wurde der Kids-Treff zuletzt ausgezeichnet: mit dem Integrationspreis der Regierung von Oberfranken.
Mehr als 1.000 Kinder angesprochen
Seit 2006 gibt es den Kids-Treff schon. Damals hat Meyer die Kinder noch auf der Straße dafür eingeladen und an Haustüren geklingelt. Inzwischen ist das nicht mehr nötig, die Initiative ist im Stadtteil bekannt: Mehr als 1.000 Kinder hat die Einrichtung seitdem angesprochen, die in dem Viertel wohnen, in dem die Nikodemuskirche steht.
Der Kids-Treff ist Teil der offenen Kinderarbeit der evangelischen Gemeinde. Der Glaube an Jesus spielt für die Mitarbeitenden deshalb eine zentrale Bedeutung. "Wir haben selber Gottes Liebe erlebt und wollen das auch an die Kinder weitergeben", sagt Meyer. Vor dem gemeinsamen Essen wird deshalb auch gebetet. Aber: "Wir sagen immer, dass keiner mitbeten muss. Die Kinder sollen nur leise sein", erklärt die Sozialpädagogin. "Weil wir auch respektieren wollen, dass es andere Glaubensrichtungen gibt."
Ohne Spenden gäbe es den Kids-Treff nicht
Auch durch die Kirche wird der Kids-Treff finanziert, der Großteil des Geldes kommt aber über Spenden. Ohne die würde das Angebot gar nicht existieren, so Meyer. Von dem Geld wird unter anderem Essen gekauft und die fünf Mitarbeitenden werden bezahlt.
Die versuchen, für jedes einzelne Kind da zu sein. "Manchmal fragen die Kinder auch: 'Darf ich dich Mama nennen?'", erzählt Meyer. "Das lehnen wir aber eigentlich immer ab, weil wir kein Familienersatz sein wollen." Der Kids-Treff soll vielmehr eine Familienergänzung sein, weil die Herkunftsfamilie wertgeschätzt werden müsse, so Meyer. "Wir glauben, dass die meisten Eltern Gutes für ihre Kinder wollen – auch wenn sie es oft nicht so schaffen."
"Hier ist der perfekte Ort"
Die Kinder wissen dieses Angebot zu schätzen. Während viele von ihnen noch immer auf dem Abenteuerspielplatz über das Gelände rennen, erklärt Jana: "Es ist cool hier, weil man neue Freunde finden kann." Und die zehnjährige Sima ergänzt: "Man kann ganz viel Spaß haben und sich mit Freunden verabreden, weil hier ist der perfekte Ort."
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