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Ewald Arenz Der große Sommer

"Der große Sommer" vom Fürther Autor Ewald Arenz hat in wenigen Wochen die Spiegel-Bestsellerliste erobert. In der Coming-of-age-Geschichte erlebt der junge Frieder in einem Sommer alles, was sein Leben prägen wird: Freundschaft und Angst, Liebe und Tod.

Von: Dirk Kruse

Stand: 20.04.2021 08:49 Uhr | Archiv

Der 1965 in Nürnberg geborene und im Landkreis Fürth lebende Ewald Arenz ist derzeit der erfolgreichste fränkische Autor. Sein letzter Roman "Alte Sorten" stand im vergangenen Jahr viele Wochen lang auf der Spiegel-Bestsellerliste. Und auch sein neuer, erst vor drei Wochen erschienener Roman "Der große Sommer" ist schon jetzt ein großer Verkaufserfolg.

Frieder ist sechzehn und so sehr mit anderen Dingen beschäftigt, dass er keine Zeit hat fürs Lernen. Das rächt sich. Er droht zum zweiten Mal sitzenzubleiben und von der Schule zu fliegen. Deshalb fällt sein Urlaub dieses Jahr aus. Während die Eltern und vier seiner Geschwister an die See reisen, muss Frieder die kompletten Sommerferien bei seinen Großeltern verbringen und für die Nachprüfungen lernen.

"Meine Großmutter öffnete und das war schon mal gut.
'Hallo, Nana', sagte ich.
Sie kam heraus, überschwänglich wie immer, voller Freude, und umarmte mich.
'Friederchen!'
Sie war die Einzige, die das sagen durfte. Bei allen anderen wäre ich geflippt, wenn sie mich so genannt hätten. Aber Nana durfte das, weil sie einen trotzdem ernst nahm.
'Komm rein. Walter wartet schon auf dich.'
'Ich bin doch pünktlich, oder?'
Verdammt! Warum war ich eigentlich gleich erschrocken? Ich hatte mir wirklich vorgenommen, mich nicht einschüchtern zu lassen.
'Natürlich. Er freut sich schon auf dich.'
Klar. Der Großvater freute sich auf mich. Wie ein Löwe sich auf eine Antilope freut."

Zitat aus 'Der große Sommer'

Der Großvater ist Professor für Bakteriologie und so streng und unnahbar, dass Frieder ihn bis zu seinem zwölften Lebensjahr siezen musste. Doch entpuppt er sich im Laufe der Ferien als zunehmend sympathische Figur, so der Autor Ewald Arenz.

"Es stellt sich aber heraus, dass der Großvater ein gutes Händchen für den Enkel hat. Diese Mischung aus strenger Disziplin, die er Frieder auferlegt, und auf der anderen Seite, aber dem richtigen Maß an Freiheit, seine Ferien nach wie vor zu genießen. Der Großvater erweist sich als überraschend verständnisvoll, aber auf keinen Fall in diesem sozialpädagogischen, kumpelhaften Ansatz. Nein, er doziert, er kommt ganz von oben herab. Aber Frieder merkt, dass er ein echtes Interesse an ihm hat. Und das wundert ihn."

Autor Ewald Arenz im Interview

Für Frieder wird es ein in jeder Hinsicht großer Sommer – im Guten, wie im Schlechten. Er verbringt ihn nicht nur lernend, sondern auch gemeinsam mit seinem besten Freund Johann, seiner ein Jahr jüngeren Lieblingsschwester Alma und mit Beate, die er im Schwimmbad auf dem Sprungturm kennenlernt. Dieser vielschichtige Coming-of-age-Roman erzählt packend von der ersten großen Liebe, aber auch von Krankheit und Tod.

"Es gab tatsächlich bei einem meiner Freunde einen Todesfall. Da ist der Vater gestorben in einer Zeit, wo man sehr sensibel ist mit vierzehn, fünfzehn. Und das ändert das ganze Leben, wenn dir ein Elternteil wegstirbt oder ein Geschwister. Einer meiner Brüder ist ja schon vor zwanzig Jahren gestorben. Von dem ist etwas in der Figur der Alma drin. Das sind Erfahrungen über die kannst du mit 25, 30 noch nicht schreiben."

Autor Ewald Arenz im Interview

Natürlich ist Frieder nicht mit Ewald Arenz gleichzusetzen. Aber er und auch andere Figuren des Romans profitieren von den Erfahrungen und Erlebnissen des Autors. Was in "Der große Sommer" und auch in Ewald Arenz letztem Roman "Alte Sorten" auffällt, ist seine große Empathie für Jugendliche. Das hat weniger mit Arenz‘ Arbeit als Lehrer oder dem Beobachten seiner eigenen Kinder zu tun, sagt er, sondern mit den Erfahrungen in seiner eigenen Jugendzeit. Diesen fühlt sich der Autor mit zunehmendem Alter immer näher.

"Ich schöpfe tatsächlich mehr als vorher aus meiner Jugendzeit. Und ich hatte dieses Gefühl in den letzten vier, fünf Jahren, dass ich zunehmend merke, wie sehr dich die Jugend für dein ganzes Leben prägt. Ich war schon rebellisch und ich hatte eine schwierige Schulzeit. Dass ich zweimal durchgefallen bin, das sind heute hübsche anekdotische Geschichten. Aber damals hat sich das ziemlich scheiße angefühlt und du hast versucht es zu überspielen. Andere Klasse, versagt und mein jüngerer Bruder hat mich überholt. Diese Dinge sind schon prägend."

Autor Ewald Arenz im Interview

Pures Lesevergnügen für den Sommer

Info & Bewertung

Wertung: 5 Frankenrechen von 5 | Bild: BR

Ewald Arenz: Der große Sommer, Köln 2021, DuMont Verlag, 320 Seiten, 20,00 Euro, ISBN 978-3-8321-8153-6

So wie immer wieder aufs Neue Liebesromane und Familienromane erzählt werden, wird es auch weiterhin Romane über das Erwachsenwerden geben. "Der große Sommer" von Ewald Arenz ist einer der wirklich guten dieses Genres. Spannend und poetisch erzählt, mit anschaulichen Charakteren, voller Einfühlungsvermögen ohne anbiedernd zu sein, humorvoll, anrührend, sinnlich, unterhaltsam und nachdenklich machend. Pures Lesevergnügen für einen langen Schwimmbadsommer.


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