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Dr. phil. Dipl.-Psych. Isabella Helmreich, Psychotherapeutin Resilienz – Selbstoptimierungswahn oder Selbstfürsorge?

In einer globalisierten Welt mit zunehmender Unsicherheit und immer kürzeren Zeiten zur Ruhe und Regeneration wird die Frage, wie Menschen trotz steigender Belastung und erhöhtem Stresserleben psychisch gesund bleiben können, immer wichtiger. Wie entwickelt der Mensch Resilienz?

Stand: 03.03.2023

Der Begriff Resilienz leitet sich vom lateinischen resilire (deutsch: abprallen, zurückspringen) ab und beschreibt die Eigenschaft elastischer Werkstoffe, nach einer Verformung wieder in ihre Ausgangsform zurückkehren. In der psychologischen Resilienzforschung wird unter Resilienz die Aufrechterhaltung bzw. rasche Wiederherstellung der psychischen Gesundheit während oder nach stressvoller Lebensereignisse verstanden. Heutzutage wissen wir, dass Resilienz keine reine Persönlichkeitseigenschaft ist, sondern ein lebenslanger, dynamischer Lern- und Entwicklungsprozess, der im Wechselspiel zwischen Person und Umwelt entsteht und trainier- und veränderbar ist.

Im Rahmen der Gesundheitsförderung und Prävention wächst daher das Interesse an effektiven Methoden zur Stärkung der psychischen Gesundheit, sowohl auf individueller als auch gesellschaftlicher Ebene. Die Forschung zeigt, dass resilienz- und gesundheitsfördernde Interventionen das Potential haben, stressbedingte Folgeerkrankungen, wie Depression, Angststörung, oder Sucht, wirkungsvoll zu vermeiden. Wo jedoch liegt in diesem Bereich die Grenze zwischen Selbstoptimierung, also der kontinuierlichen Verbesserung des eigenen Selbst, und Selbstfürsorge? Reicht es, innere und äußere Schutzfaktoren zu stärken, um sich gegen alles zu wappnen und Scheitern vorzubeugen? 

Mit diesen Fragen beschäftigt sich der Vortrag und gibt einen spannenden Einblick in die Resilienzforschung und -förderung.

Vita:

Dr. Isabella Helmreich ist wissenschaftliche Leiterin des Bereichs „Resilienz & Gesellschaft“ am Leibnitz-Institut für Resilienzforschung in Mainz und Psychologische Psychotherapeutin mit langjähriger klinischer Erfahrung.

Nach ihrem Studium der Psychologie an der Universität Trier war sie zuerst als Projektmanagerin in einem internationalen Marktforschungsunternehmen tätig. Danach wechselte sie an die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz und absolvierte die Weiterbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin und Verhaltenstherapeutin. Nach der Approbation arbeitete sie als Psychotherapeutin in freier Praxis und promovierte an der Johannes-Gutenberg Universität Mainz im Bereich Depression zum Dr. phil. (Betreuer: Prof. Dr. W. Hiller).

Seit der Gründung des LIR 2014, vormals Deutsches Resilienz Zentrum; DRZ, war sie zuerst als wissenschaftliche Leiterin der Geschäftsstelle tätig, seit 2020 leitet sie den Bereich „Resilienz & Gesellschaft“. Zu ihren Forschungs- und Arbeitsschwerpunkten gehört neben dem Wissenstransfer in die Gesellschaft die Gesundheitsprävention, insbesondere die Entwicklung und Evaluation von evidenzbasierten Interventionen zur Resilienzförderung für verschiedene Zielgruppen, z. B. für Führungskräfte, Gesundheitspersonal, aber auch onkologische Patienten. Zudem leitet sie die Resilienz-Ambulanz am LIR.

Sie ist regelmäßig als Dozentin und Beraterin zu den Themen Resilienzförderung im Bereich der Verhaltens- und Verhältnisprävention für öffentliche und karitative Einrichtungen sowie private Unternehmen tätig und Co-Autorin des Buches „Resilienz – die Kunst der Widerstandskraft: Was die Wissenschaft dazu sagt“ (Herder, 2021).


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