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"jetzt red i" aus Wallersdorf BMW-Werk oder Ackerland - Wieviel Flächenverbrauch verträgt Bayern?

Vor 50 Jahren rollte der erste BMW im neuen Werk Dingolfing von den Bändern. Seitdem boomt die Region. Und ein Ende der Expansion ist nicht in Sicht. Das sorgt für Diskussionen.

Stand: 05.06.2023 16:00 Uhr

Es soll eine riesige Industrieansiedlung werden – mitten im fruchtbaren Ackerland: BMW hat in den niederbayerischen Gemeinden Straßkirchen und Irlbach große Flächen aufgekauft, ab 2024 will der Konzern dort mit dem Bau eines Batteriemontagewerks für Elektroautos beginnen. Als „ein Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort Bayern“, bezeichnet Bau- und Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) die Pläne von BMW, denn langfristig sollen dort knapp 3.000 Menschen arbeiten. Naturschützer dagegen sind entsetzt: Für das Werk sollen insgesamt 105 Hektar ertragreiche Ackerfläche versiegelt werden, denn der Gäuboden gilt als „Kornkammer Bayerns“ Einen Antrag für einen Bürgerentscheid gegen das BMW-Batteriewerk haben sie bereits eingereicht.

Verschwindet Bayern unter Beton?

Jeden Tag werden in Bayern rund elf Hektar Land in Bauland umgewandelt – für Siedlungen, Gewerbe und Industrie, für Straßen und andere Verkehrswege. Das entspricht einer Fläche von mehr als fünfzehn Fußballfeldern. Das Gesicht Bayerns verändert sich dadurch massiv.

Die Politik hat das Problem erkannt, über die Lösung aber wird gestritten. Die bayerische Staatsregierung peilt zwar an, den Verbrauch für Siedlungs- und Verkehrsflächen zu reduzieren und setzt sie dabei auf die freiwillige Bereitschaft der Kommunen. Die grüne Opposition dagegen will die Gemeinden verpflichten und fordert eine gesetzliche Begrenzung des Flächenverbrauchs auf maximal fünf Hektar pro Tag. „Wir bräuchten dann aber auch eine Politik in ganz Bayern, die denkt, bevor der Bagger kommt“, so Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann.

Wer hat Vorfahrt im 21. Jahrhundert?

Wie umgehen mit dem begrenzten Gut Boden? Schließen sich die Entwicklung einer Region und Naturschutz zwangsläufig aus? Braucht es eine gesetzliche Grenze für den Flächenverbrauch?  Wie können wir die Betonierung unserer Heimat eindämmen? Darüber diskutieren Bürgerinnen und Bürger mit Bayerns Minister für Bau- und Verkehr Christian Bernreiter (CSU) und dem Vorsitzenden des Bund Naturschutz in Bayern, Richard Mergner.

Christian Bernreiter | Bild: CSU

"Die Entscheidung von BMW für ein Werk für Batteriemontage in Niederbayern ist ein starkes Bekenntnis zur Region und stellt wichtige Weichen für die Zukunft. Gewohnte Arbeitsplätze von heute fallen morgen weg. Insbesondere beim Umstieg von Verbrennungsmotoren auf E-Mobilität. Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir Investitionen in Zukunftstechnologien unserer erstklassigen bayerischen Unternehmen unterstützen. Natürlich ist es schade, dass für die Ansiedlung gutes Ackerland weichen muss, doch nur so können Arbeitsplätze von morgen ermöglicht werden, was letztendlich der ganzen Region zugutekommt."

Christian Bernreiter (CSU), Bayerns Verkehrs-und Bauminister

"Der ungebremste Flächenfraß und die Vernichtung von Ackerland ist für den BUND untragbar. Die Staatsregierung und der Landtag verfehlen das selbstgesteckte Ziel einer Halbierung, wenn täglich 15 Fußballfelder bebaut werden. Dass BMW bestes Ackerland in Industriefläche verwandeln will ohne ausreichend Alternativen vorzulegen, passt nicht zum selbstgesteckten ´'Anspruch, beim Thema Nachhaltigkeit voranzugehen'. Der BN ist der Überzeugung, dass das Werk auch durch die Umnutzung eines bereits bestehenden Industriestandorts in Bayern erbaut werden kann."

Richard Mergner, Landesvorsitzender Bayern des BUND Naturschutz

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Michael, Donnerstag, 22.Juni 2023, 17:27 Uhr

25. Unparteiische Moderation wäre besser

Interessanter und besser wäre die Sendung geworden, wenn der Moderator sich weniger parteiisch verhalten hätte. Was bringt es, Herrn Mergner zu unterstellen, dass er in BMW das Böse an sich sehen würde? Der Vertreter des BN hat mehrmals betont, dass er die Ausbaupläne von BMW befürwortet, aber die gewählte Alternative als wenig intelligent betrachtet. Insofern hätte die Moderation durchaus auch auf eine Kompromissfindung hinwirken können.
Stattdessen wurden immer wieder die von BMW handverlesenen Mitarbeiter aufgerufen, die im Wesentlichen alle das gleiche gesagt haben. Leider wurden an diesem Abend viele Chancen vergeudet.

Karin, Mittwoch, 21.Juni 2023, 23:35 Uhr

24. Es gibt andere Arbeitgeber, die händeringend nach Fachkräften suchen

Zählt für die Politik nur noch BMW als Arbeitgeber? Wir haben in Niederbayern viele unbesetzte Stellen, u.a. in der Pflege, den Kindergärten und in der Gastronomie. Das Argument mit den Arbeitsplätzen ist in der aktuellen und zukünftigen Arbeitsmarktsituation aus meiner Sicht nicht angebracht.

Harald, Mittwoch, 21.Juni 2023, 21:52 Uhr

23.

Es ist unglaublich, dass heute dann auch noch der Wassergipfel stattgefunden hat. Da war auch der Minister Bernreiter zu sehen. Seit 10 Jahren handelt die CSU nicht, sondern redet nur und heute auch wieder und am selben Abend setzt sich der Minister Bernreiter dann für weitere Versiegelungen ein. Warum hat man Herrn Mergner seine Vorschläge nicht ausführen lassen, sondern ihn dauernd unterbrochen. Es ist traurig, dass der BR so tut, als würde er ausgewogen diskutieren. Dann aber so einseitig das Thema angeht.

Amann Thomas, Mittwoch, 21.Juni 2023, 21:51 Uhr

22. Ja zum BMW-Werk in Straßkirchen

Der Gäuboden besteht aus 180.000 Hektar
Die Ackerbodenfläche von nicht einmal 0,1% (180 Ha) wird die Ernährung nicht wesentlich sichern, noch dazu, wie von Martin schon richtigerweise beschrieben, wenn größere Flächen für Solarflächen und Mais für Biogasanlagen verwendet wird.
Das Verkehrsproblem sollte mit geänderter Infrastruktur mittels einer Umgehungsstraße als Grundvoraussetzung gelöst werden!
Die Anbindung zur B 8, die dann unmittelbar auf die A 92 führt, dürfte keinen Anwohner stören!
PS:
Wo war eigentlich die Bürgerinitiative als in Straßkirchen der neue EDEKA (sie hatten ja schon alles für das tägliche Leben) und die neuen Baugebiete auf "Besten Ackerboden" ausgewiesen wurde. War da wohl der Eigennutz größer als die Lebensmittelproduktion?
Genauso hätten sie ja für jeden anderen qm² im Gäuboden, auf dem gebaut wurde, demonstrieren können!
Aber jetzt, wo es einen selber betrifft...............Nach dem Motto, wir wollen Windkraft, aber bitte kein Windrad in meiner Nähe.

S. E., Mittwoch, 21.Juni 2023, 21:34 Uhr

21. "unser niederbayerischer Boden" gehört und gehörte wenigen Landwirten

Zu den Äußerungen, dass "unser bester niederbayerischer Boden" geopfert wird und "unserer Nahrungsmittelproduktion" entzogen wird, möchte ich anmerken, dass die landwirtschaftlichen Flächen nur wenigen Menschen in der Region, den Landwirten, gehören und die übrige Bevölkerung in der Regel nicht viel davon hat. Die angeblich für die "Nahrungsmittelproduktion" so wertvolle Flächen werden in großem Stil mit Zuckerrüben zur Zuckerproduktion und sogar auch Mais für die Biogaserzeugung bebaut. Wenn es preislich attraktiv ist, wird sogar Getreide grün und unreif gemäht und in die Biogasanlage gefahren. Landwirte sind auch nur Unternehmer und orientieren sich an dem, was mit geringstem Aufwand/Kosten am meisten abwirft.
Bei dem heutigen Mechanisierungsgrad bieten 100ha in der Landwirtschaft nicht mal einen Vollarbeitsplatz über's ganze Jahr. Demgegenüber stehen nach derzeitigen Schätzungen 800-1000 Arbeitsplätze im BMW-Werk. Die wenigsten hier verdienen Ihr Geld noch in der Landwirtschaft...