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Der Offa‘s Dyke Path National Trail Weitwandern in Wales

Auf insgesamt 17 Weitwanderwegen, den National Trails, lässt sich das Vereinigte Königreich zu Fuß erkunden. Der Offa’s Dyke Path gilt als einer der schönsten davon. Namensgebend ist ein Englisch-Walisischer Grenzwall aus dem 8. Jahrhundert. Anlegen ließ ihn König Offa von Mercien.

Von: Thomas Reichart

Stand: 20.10.2023

Der Offa‘s Dyke Path National Trail | Bild: BR; Thomas Reichart

Er war der bedeutendste Herrscher in der sogenannten „Heptarchie“, den sieben angelsächsischen Königreichen des Mittelalters. Offa etablierte laut dem Historiker Dr. Hannes Ziegler von der LMU eine Oberherrschaft über die anderen Reiche. Daher bezeichnete er sich selbst auch als „Rex Anglorum“ – König der Engländer. Die genaue Funktion seines monumentalen, bis zu acht Meter hohen Walls ist nicht ganz geklärt. Eine bemannte Verteidigungsanlage scheint dem Historiker unplausibel, denkbar sei eher eine Grenzmarkierung oder ein Bauwerk zur Machtdemonstration.

Die schönsten Landschaften Großbritanniens zu Fuß entdecken

Blick über den River Lugg

Der Fernwanderweg ist in gewissem Sinne auch eine Demonstration. Denn die Idee bei seiner Anlage vor gut 50 Jahren war es, die schönsten Landschaften in England und Wales zu verbinden. Daher folgt der Pfad dem Wall auch nur auf einem kleinen Teil. Path Officer Rob Dingle, der Wegewart des Offa’s Dyke Path, zählt die sogenannten „Gebiete von außerordentlicher natürlicher Schönheit“ und Nationalparks auf, die am Weg liegen: „Von Süden kommend durchquert man erst das Wye Valley, dann kommt der Brecon Beacons National Park, die Shropshire Hills und zuletzt die Clwydian Range, also vier geschützte, spektakuläre Landschaften.“

Antikes Monument in Gefahr

Rolling Welsh Hills

Dort, wo der Weg dem Wall folgt, ist er selbst ein spektakulärer Teil der sanften walisischen Hügellandschaft. Unzählige Schafe weiden in den vielen kleinen Parzellen, die durch Trockensteinmauern oder Hecken voneinander abgetrennt sind. Diese Beweidung ist Fluch und Segen zugleich für den Wall. Denn einerseits halten die Tiere den Bewuchs auf dem geschützten, historischen Monument klein, andererseits düngen sie es und sorgen zudem für Erosion. Aber auch Wanderer selbst beschädigen den Wall, denn dort, wo man sich mit den Anliegern nicht auf eine Wegführung einigen konnte, verläuft der Weg direkt auf dem Monument. Ein weiteres Problem ist, dass Dachse den Wall mit ihren Höhlen untergraben.

Der Walisische William Wallace

Rob Dingle, der Path Officer des Offa’s Dyke Path

König Offa ist aber nicht die einzige spannende historische Figur, der man auf dem Weg begegnet. Der walisische Adelige Owain Glyndwr zettelte um 1400 eine Rebellion gegen die Engländer an und ließ sich zum „Prince of Wales“ ernennen - ein Titel, der heute dem englischen Thronfolger zusteht. Die berühmte Schlacht von Bryn Glass oder Pilleth fand ganz in der Nähe des Weges statt. Rob Dingle erzählt die Legende, nach der es Glyndwr schaffte, die englischen Bogenschützen auf seine Seite zu ziehen. Ob er sie vorab bestochen hatte oder ob die Schützen spontan die Seiten wechselten, als der Kampf für sie aussichtlos erschien, ist nicht überliefert.

Fast ein Jahrzehnt forderte Glyndwr, der als einer der ersten „Guerrilla-Taktiker“ gilt, die mächtigen Nachbarn heraus. Im 19. Jahrhundert wurde er deshalb zum Symbol des walisischen Nationalismus, ähnlich wie William Wallace in Schottland. Anders als dieser wurde der Waliser nach seiner finalen Niederlage aber nicht hingerichtet, denn trotz hohem Kopfgeld wurde er nie verraten und starb den historischen Berichten zu Folge eines natürlichen Todes.

Fernwanderwege ohne Ende

Owain Glyndwr ist ebenfalls ein eigener Fernwanderweg gewidmet. Dieser kreuzt den Offa’s Dyke Path bei Knighton, einem schönen Städtchen, das auch das Besucherzentrum für den Offa’s Dyke Path beherbergt. Nicht überall auf den zwölf Etappen liegen Ortschaften und damit Unterkünfte so direkt am Weg. Oftmals bieten Pensionen daher Shuttles vom und zum ganzjährig begehbaren Wanderweg an.


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