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Sagen-Motiv Emanzipierte Tour auf die Watzfrau

Bescheiden steht sie zur Rechten ihres Gatten und wacht über die Kinder: die Watzfrau. Auf den ersten Blick erfüllt sie das Klischee einer treusorgenden Ehefrau. Doch der Schein trügt, die Dame hat es in sich! Handelt es sich doch um eine erfolgreiche Emanzipation in den Alpen.

Von: Andreas Pehl

Stand: 28.07.2023

Im Watzmann-Gebirge | Bild: BR/Andreas Pehl

Einheimische schwören auf die Tour auf den Kleinen Watzmann, wie die Watzfrau auch genannt wird. Kein Wunder, gilt die doch als der schönste Berg der Gegend - ein bisserl weibliche Eitelkeit darf schon sein, auch in den Alpen. Während sich am frühen Morgen auf der Kührointalm viele Bergsteiger für die Watzmann-Überschreitung bereitmachen, geht es für uns dagegen hinauf auf den kleineren der beiden Gipfel.

Da geht's 400 Meter runter!

Die Besteigung der Watzfrau erfordert vom ersten Schritt an bis zum Gipfel viel Konzentration, ebenso im Abstieg. Der Weg ist nicht immer zu erkennen, Steinmänner und verblichene Markierungen zeigen einen ungefähren Verlauf an. Auf halber Strecke zum Gipfel steht der sogenannte Gendarm. Diese Kletterstelle im zweiten Schwierigkeitsgrad wäre eigentlich kein Problem, doch hier hätte ein Fehltritt oder ein ausbrechender Griff fatale Folgen: Mehrere hundert Meter geht es senkrecht hinunter in die Watzmannscharte. Ein Seil tut da der Psyche gut. Danach führt die Route quasi weglos über Geröll und Felsplatten nach oben.

Traumhafter Ausblick auf den Königssee

Auf dem Weg zur Watzfrau begegnet man nur wenigen Gleichgesinnten. Vom Gipfel aus blickt man aus der Perspektive der Mutter über die Watzmannkinder zum mächtigen Watzmann. Man kann sich kaum losreißen, das Panorama zum Watzmann, ins Steinerne Meer und der Blick in die Tiefe Richtung Königssee hält einfach gefangen.

Doch der Abstieg, der anspruchsvollste Teil der Tour, steht noch bevor. Weglos quert man Geröllhalden und Schneefelder. Der scharfkantige Kalkstein schneidet beim Festhalten und Abstützen unangenehme Risse in die Hände. Das sogenannte „Fenster“ öffnet nochmal einen atemberaubenden Blick senkrecht hinunter zum Königssee.

Weglos geht's bergab.

Am Grat entlang geht es steil und ausgesetzt hinüber zum Mooslahnerkopf und dann zurück zur Kühroint-Alm. Auch das nächste Mal wird der Watzmann zu Gunsten seiner Gattin wieder den Kürzeren ziehen. Das ist gelebte Emanzipation in den Bergen - ganze 2.307 Meter hoch.

Ortsunkundige sollten für diese anspruchsvolle Tour am besten einen Bergführer engagieren.

Karte: Watzmann

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Karte: Watzmann


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