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Ecopoint-Frankenjura Mit Bus, Bahn oder Fahrrad an den Fels

Der Rückgang der Gletscher, Starkregen und Felsstürze: Die Folgen des Klimawandels sind in den Bergen deutlich sichtbar. Deshalb ist beispielsweise nachhaltige Mobilität im Gebirge wichtig, so dass zwei engagierte Kletterinnen die Initiative "Ecopoint-Frankenjura" gegründet haben.

Von: Ulrike Nikola

Stand: 06.10.2023

Nadja und Jony am Rad | Bild: Stefan Riedl

In Franken liegt nicht nur eines der besten Klettergebiete der Welt, sondern von dort stammt auch das sogenannte Rotpunkt-Klettern. Der legendäre Bergsteiger und Kletterer Kurt Albert hatte diese Art des Kletterns Mitte der 1970er-Jahre begründet. Dabei steigt man eine Kletterwand ohne Belastung der Sicherungen in einem Durchgang hoch. Sich allein aus eigener Kraft fortzubewegen, dieser Gedanke findet sich auch bei der neuen Initiative „Ecopoint-Frankenjura“: Klimaneutrale Anreise zu den Kletterfelsen am besten zu Fuß und mit dem Rad, gegebenenfalls mithilfe von öffentlichen Verkehrsmitteln.

Nadja Hempel beim Klettern

Nadja Hempel von „Ecopoint-Frankenjura“ würde sich freuen, wenn Franken wieder Vorbild sein könnte für das Klettern in anderen Regionen dieser Welt. Die Voraussetzungen sind dafür recht gut, denn in der Metropolregion Nürnberg gibt es bereits einige gute verkehrstechnische Anbindungen an Kletterfelsen im südlichen Frankenjura. Gut mit Öffis zu erreichen sind beispielsweise die Kletterfelsen im Pegnitztal, denn der Regionalbahn fährt stündlich von Nürnberg und Bayreuth. Vom Bahnhof in Velden geht es mit nur wenigen Schritten zur Veldener Wand oder wer in Neuhaus aussteigt, kann zum Krottenseer Forst radeln.

Derzeit sammeln Nadja Hempel und ihre Mitstreiterin Sofie Paulus mit Gleichgesinnten alle Infos zu Kletterfelsen in der Umgebung, die mit dem ÖPNV gut erreichbar sind. Daraus soll ein Kletterführer entstehen, den sie im nächsten Jahr veröffentlichen wollen. Denn viele Kletterinnen und Kletterer nutzen die klimaneutrale Anreise bislang nicht, weil es oft aufwändig ist, herauszufinden wie es am besten geht. Zudem erfordert es auch etwas logistisches Geschick und vor allem den Willen, mit dem Rad zu fahren: Seil, Gurt und Karabiner in den Radtaschen verstauen oder im Rucksack mitschleppen oder vor dem Zustieg zum Felsen nochmal alles umpacken? Nadja Hempel sagt, dass ihre gleichgesinnten Freunde alle eine unterschiedliche Taktik verfolgen.

Sofie Paulus ist mit dem Rad unterwegs.

Aber im Sinne des Klimaschutzes sei es das wert: „Zum einen lohnt sich das Umdenken gesellschaftlich angesichts der aktuellen Situation mit Klimakrise und Umweltzerstörung. Deshalb ist es sinnvoll, auch über den individuellen Hebel nachzudenken. Verhaltensänderungen in einem Bereich führen oft zu weiteren. Und zum anderen macht es auch Spaß, wenn man klimaneutral unterwegs ist“, sagt Nadja Hempel. Denn die 27-jährige Sozial- und Nachhaltigkeitswissenschaftlerin sieht auch einen echten Gewinn für sich selbst, wenn sie mit Öffis und Rad unterwegs ist: „Ich kenne die fränkische Region mittlerweile besser als meine Heimat im Allgäu, weil ich mich mit den Ortschaften und Landschaften ganz anders auseinandersetze. Außerdem gibt es nichts Schöneres, als nach dem Klettern irgendwo den Berg runterzudüsen. Dadurch wird eben der Klettertag auch zu einem ganz anderen Erlebnis.“

Ein gemeinsames Anliegen von Nadja Hempel und Sofie Paulus ist, das Wissen über eine klimaneutrale Anreise zum Felsen weiterzuverbreiten. Mithilfe der Initiative „Ecopoint-Frankenjura“ möchten sie bewirken, dass sich Verkehrsinfrastrukturen verbessern, aber auch Gleichgesinnte zusammenkommen und Netzwerke aufbauen. Sie freuen sich auch über weitere Unterstützerinnen und Unterstützer und suchen noch Sponsoren für den Gedanken der nachhaltigen Mobilität.

Nicht alle Klettergebiete gut erreichbar

Sofie im Sonnenuntergang

Allerdings ist das nördliche Frankenjura mit öffentlichem Nahverkehr nicht so einfach zu erreichen wie der südliche Teil. Wer beispielsweise zwischen Doos und Waischenfeld in der Fränkischen Schweiz klettern will, muss mehrmals umsteigen und die doppelte Fahrzeit als mit dem Auto einkalkulieren. Sven König vom Natursport-Portal frankenjura.com meint, dass die Infrastruktur verbessert werden muss: „Ich finde die Initiative „Ecopoint-Frankenjura“ sehr positiv, allerdings ist der Wirkungsgrad derzeit noch relativ gering, weil viele Felsen schlichtweg nicht erreichbar sind. Der öffentliche Nahverkehr taugt in der Fläche nicht, zum einen wegen der zeitlichen Taktung und zum anderen werden auch nicht alle Orte angefahren, die für Kletterer interessant sind.“

Dass der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs viel Geld kostet, ist Sven König durchaus bewusst. Doch seiner Meinung nach gäbe es auch günstigere und trotzdem praktikable Lösungen wie beispielsweise die Förderung der Fahrradmitnahme. „Wenn jedem Fahrgast die Möglichkeit gegeben wird, ein Rad mitzunehmen, hätte er einen viel größeren Aktionsradius.“ In der Rhön und im Steigerwald sowie im Fichtelgebirge und dem Frankenwald gibt es vereinzelt Radanhänger an den Bussen, ebenso auf einer Linie in der Fränkischen Schweiz.

Einen Verbesserungsbedarf sieht auch Nadja Hempel, vor allem hinsichtlich der Fahrradmitnahme in Zügen und Bussen. Hinzu komme auch, dass oft der letzte Teil der Fahrtstrecke mit dem ÖPNV zum Felsen schwierig sei. Daher stehen Ulrich Büscher vom Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) und die Initiatorinnen von „Ecopoint-Frankenjura“ im Austausch. In einem ersten gemeinsamen Projekt gab es im vergangenen Jahr einen Shuttle zum Kletterfestival im oberpfälzischen Königsstein und eine Ringlinie zu den Kletterfelsen, was gut angenommen wurde. In einem nächsten Schritt sollen sich Nahverkehrsplanerinnen und -planer mit der Kletter-Community austauschen, um voneinander zu erfahren, wo die Wünsche, aber auch die Zwänge liegen. Daraus könnten neue Möglichkeiten für die nachhaltige Mobilität entstehen und Franken zum Vorbild werden.


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