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Die Wirtschaftsglosse Kommentare von Rudolf Mühlfenzl

Ob Steuer, Verbraucherärger, Korruption – kaum ein Missstand, den Rufus Mücke nicht jeden Donnerstag um halb sieben an den Pranger stellte. 1948 erfunden, galt die Wirtschaftsglosse des Bayerischen Rundfunks als DAS Sprachrohr des Verbrauchers. Und das über Jahrzehnte sehr erfolgreich.

Von: Ursula Zimmermann

Stand: 13.10.2023

Rudolf Mühlfenzl alias Rufus Mücke und Fritz Benscher, der die "Wirtschaftsglosse der Woche" sprach, 1950er Jahre | Bild: BR, Lindinger

Rudolf Mühlfenzl, Leiter des Wirtschaftsfunks im Bayerischen Rundfunk, hatte gemeinsam mit seinem Kollegen Ferdinand Kern die Sendung wenige Tage vor der Währungsreform ins Leben gerufen. Aus der Verschmelzung beider Vor- und Nachnamen war der Kunstname Rufus Mücke entstanden – obwohl, so künstlich war der Name nun dann auch wieder nicht, denn: "Nach der dritten oder vierten Sendung rief die Mitarbeiterin vom Empfang bei uns in der Redaktion an und sagte: 'Herr Mühlfenzl, da meldet sich jemand, der heißt Rufus Mücke'. Ich bat sie dann, den Herrn heraufzuschicken, er war aus Gauting und hieß Rufus Mücke," erinnert sich Mühlfenzl in einem Interview auf BR-alpha 1999.

Der Alltagsärger bekommt einen Sendeplatz

"Rufus Mücke schaut den Leuten aufs Maul und manchmal ins Herz" schrieb der Gong im November 1953. Das erklärt die große Popularität der Sendung, aber auch die Art der unterhaltsamen Präsentation verlieh der Glosse große Prominenz: "Von Anfang wollten wir versuchen, dieses berühmte schwer verständliche Gebiet der Wirtschaft populär zu machen … Rufus Mücke war dabei ein Punkt", erzählt Mühlfenzel ebenfalls in diesem Interview. 

An Schärfe ließen die Folgen meist nicht zu wünschen übrig, liest man in der Abendzeitung vom 6. Oktober 1951. Viermal mussten sich Rufus Mücke und Genossen vor den Kadi bewegen. "Die kleinen Leute schreiben", erzählen Rudolf Mühlfenzl und Fritz Benscher dort, "wie sehr sie es begrüßen, dass jemand den Mund aufmacht. Die Großen hätten lieber, wir würden schweigen".

Großer Erfolg mit 600 Sendungen

"Wir wollten das, was der einfache Mann auf der Straße bei diesen oder jenen Themen des alltäglichen Lebens empfindet, festhalten, ein wenig zurechtrücken und dann als Kritik über den Sender gehen lassen", erzählt Fritz Benscher in dem Interview der Abendzeitung. "Die bisherigen und hauptsächlichsten Themen der Wirtschaftsglosse waren: Die Kohlenfrage, die Generalpensionen, die Film(Miß)Wirtschaft, die Ministerialbürokratie und Evolutionen, Revolutionen und Korruptionen innerhalb unserer Wirtschaft", so Benscher.

Scharfzüngig pointiert

Der große Erfolg der Sendung lag nicht nur darin, dass immer wieder kritische Dinge beim Namen genannt wurden, sondern auch an dem großartigen Sprecher Fritz Benscher. So schrieb der Gong 1962 "… der Kommentator hat mit vielen seiner sauber formulierten, meist von Fritz Benscher anzüglich pointiert vorgetragenen Texte, den Nagel auf den Kopf getroffen.“

Mit seiner Wirtschaftsglosse prägte Rudolf Mühlfenzl die frühen Jahre des Bayerischen Rundfunks. 600 Sendungen lang, dann war Schluss. Von 1963 bis 1970  wird die Serie nochmals fortgesetzt unter dem Titel  "Sie werden es nicht für möglich halten", wöchentlich auf Bayern 1.

Zur Info:

Das Historische Archiv des Bayerischen Rundfunks digitalisiert nach und nach seine Bestände. Der Gesamtbestand zur Sendereihe "Wirtschaftsglosse der Woche" besteht aus 710 retrodigitalisierten Manuskripten vom 14. Oktober 1948 bis zum 8. Juni 1970. Hier können einige Beispiele eingesehen werden.


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