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Elise Aulinger Eine bayerische Volksschauspielerin

Die Schauspielerin Elise Aulinger hatte 1925 ihren ersten Radioauftritt bei der Deutschen Stunde in Bayern: Sie las aus "Die Heilige Nacht" von Ludwig Thoma. Ab 1926 bekam sie ein festes Engagement beim Funk. 20 Jahre lang war sie im Bayerischen Rundfunk auch als "Ratschkathl" bekannt.

Author: Historisches Archiv, Bettina Hasselbring

Published at: 24-8-2023 12:04 nachm.

Elise Aulinger, ca. 1958 | Bild: BR, Historisches Archiv

Die bayerische Volksschauspielerin Elise Aulinger wurde am 11. Dezember 1881 in der Münchner Blumenstraße geboren. Sie stammte aus einer Wirtsfamilie, die einen Gasthof in Holzkirchen betrieb. Aulinger nahm Gesangsstunden und Schauspielunterricht und debütierte 1903 im neu eröffneten Volkstheater an der Josephspitalstraße als "Vroni" in Ludwig Anzengrubers "Meineidbauer". 

Aulinger ist auch durch ihre Mutterrollen in Theaterstücken, Filmen und Hörspielen bekannt geworden. Sie spielte die "Regina" in Ibsens "Gespenster" ebenso überzeugend wie die Postmeisterin in Goethes "Stella". Die Münchner Kammerspiele wurden ihr zweites Zuhause.

Engagement als Schauspielerin

Beim Film trat sie bereits 1921 erstmals mit der Produktion "Ein Fest auf Hederlevhuus" in Erscheinung. Es folgten weitere Stummfilme wie "Der Favorit der Königin", "Das Wirtshaus im Spessart" und "Martin Luther". Ihre unvergleichliche Präsenz auf der großen Leinwand kam erst im Tonfilm so richtig zur Geltung. Man sah die sympathische Schauspielerin in Filmen wie "Der Ehestreik", "Der Kaiser von Kalifornien", "Fahrendes Volk", "Der Feuerteufel", "Venus vor Gericht", "Anuschka", "Der kleine Muck" und "Aufruhr der Herzen". Nach dem Krieg setzte sie ihre Filmkarriere bis in die 1950er Jahre fort, u.a. spielte sie in den Filmen "Die Sterne lügen nicht", "Rausch einer Nacht", "Der letzte Schuss", und "Das sündige Dorf". Weitere Filme mit Elise Aulinger: "Was Steine erzählen", "Ein Kuss in der Sommernacht", "Die Pfingstorgel", "Der verkaufte Großvater", "Die keusche Sünderin", "Der Geigenmacher von Mittenwald", "Der Herrgottsschnitzer von Ammergau", "Sohn ohne Heimat".

40 Jahre Funkerfahrung

Ihre Karriere beim Rundfunk begann 1925, als sie erstmals die "Heilige Nacht" von Ludwig Thoma im Radio vortrug. Ab 1926 hatte sie ein festes Engagement beim Funk, als Sprecherin und Schauspielerin in Volksstücken, Heimatabenden und Unterhaltungssendungen. In der Bayerischen Radio-Zeitung wurde sie regelmäßig porträtiert. 

"Es war 1925 in der Deutschen Stunde in Bayern, als ich das erste Mal die ,Heilige Nacht' ins Mikrofon gesprochen habe. Um mich in die richtige Stimmung zu versetzen, hatte man im Sendesaal einen Christbaum aufgestellt. Wie ich so da stehe und auf den Baum naufschau, seh ich plötzlich zwei Bierflascherl und ein Packerl Lebkuchen zwischen dem Lametta hängen. Meine Überraschung kannst Du Dir vorstellen. Da fiel mir schließlich ein, dass ich der einzigen Sekretärin, die es damals im Funkstudio an der Arnulfstrasse gegeben hat, vor langer Zeit verraten hatte, Lebkuchen und Bier wären mir zu Weihnachten das Liebste. Ich bin natürlich darauf ganz konfus geworden vor Rührung und mußte mich schwer zusammennehmen."

(Erinnerung von Elise Aulinger, in: Hans Löscher, Ein Leben für den Funk, 1994, S.17)

20 Jahre lang war sie im Bayerischen Rundfunk auch als "Ratschkathl" bekannt, der Idealfrau einer Münchner Standlfrau, die singend und "ratschend" das Tagesgeschehen kommentiert. Elise Aulinger war mit dem Bühnenautor Max Sommer verheiratet, der unter dem Pseudonym Max Ferner bayerische Komödien schrieb, u.a. die Revue-Operette "Münchner Luft". Sie war die Tante des Münchner Schriftstellers Sigi Sommer und die Schwiegermutter von Hans Löscher.

Elise Aulinger starb am 12. Februar 1965 im Alter von 83 Jahren in München. Ihr Grab befindet sich auf dem Münchner Waldfriedhof. Als eine von nur sechs Münchner Volksschauspielerinnen und -sängerinnen wurde ihr zu Ehren 1977 auf dem Viktualienmarkt - ganz in der Nähe ihres Geburtshauses in der Blumenstraße - ein Brunnendenkmal mit ihr als Bronzefigur errichtet. Der Nachlass befindet sich im Historischen Archiv des BR.


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