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Die Künstlerin Michaela Melián spürt in ihrem Hörspiel "Electric Ladyland"dem Verhältnis zwischen Mensch und Maschine nach

Von: Michaela Bold / Katharina Mutz

Stand: 26.02.2016

Electric Ladyland | Bild: Michaela Melián, VG Bild-Kunst, 2016, Thomas Meinecke

Michaela Melián ist Musikerin, Produzentin, Malerin und Professorin an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg. Für ihr Projekt "Memory Loops" wurde sie unter anderem mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Nun hat sie mit "Electric Ladyland" wieder ein Hörspiel zusammen mit dem Bayerischen Rundfunk realisiert, es ist das fünfte. Am 8. März wird die gleichnamige Ausstellung im Münchner Lenbachhaus eröffnet. Das BR-Magazin hat mit Michaela Melián gesprochen.

BR-Magazin: Wie würden Sie jemandem Ihre Kunst beschreiben, der noch nie von Ihren Arbeiten gehört hat?

Michaela Melián: Seit den 80er-Jahren spiele ich in einer Band und bin als bildende Künstlerin tätig. Es gibt viele Künstler meiner Generation, die man nicht mehr nur auf ein Medium festlegen kann. Ich arbeite mit verschiedenen Techniken, die meist in großen, raumgreifenden Installationen zusammengeführt werden. Es gibt Zeichnungen, Fotos, Filme, Objekte, Klangarbeiten bis hin zum Hörspiel. Was meine Arbeit sicher wiedererkennbar macht, ist der Zugriff auf bestimmte Themen und meine Arbeitsweise. Ich lasse mich oft inspirieren von Kunstgegenständen, Biografien oder Ereignissen, die schon eine Weile zurückliegen, und die ich dann auf eine aktuelle Situation anwende. Damit will ich dem Publikum ein vielschichtiges Assoziationsfeld eröffnen und unerwartete Erfahrungen anbieten.

Was interessiert Sie am Hörspiel?

Die Künstlerin Michaela Melián

Das Radio ist der Ort, der allen zu jeder Zeit zugänglich ist. Ich finde es als Medium wunderbar, weil es erst einmal nicht vorsortiert, an wen es sich richtet. Denn das tun die meisten anderen Kunstinstitutionen, auch wenn sie es nicht wollen – allein schon über den Eintrittspreis. Ich sehe das Radio als einen erweiterten Ort für meine künstlerischen Arbeiten. Hier erreiche ich nicht nur ein Publikum, das sich sowieso in die Institutionen für zeitgenössische Kunst begibt. Genauso lange, wie es den Rundfunk gibt, arbeiten die unterschiedlichsten Künstler und Künstlerinnen für das Radio. Als Musikerin und bildende Künstlerin gilt meine Auseinandersetzung vor allem dem zeitbasierten Format – dem Umstand, dass Werke flüchtig sind, ihren Moment haben und wieder vorbei sind.

Was ist die Grundidee des Hörspiels?

Ausgangspunkt für die neue Arbeit ist die Bravour-Arie der Automatenpuppe Olympia aus Jacques Offenbachs Oper "Hoffmanns Erzählungen", die auf der phantastischen Erzählung "Der Sandmann" von E.T.H. Hoffmann beruht. Die Puppe wird als ideale Frau von zwei Männern konstruiert, sie ist schön, kann ein Lied singen und Walzer tanzen – aber sie kann nicht sprechen, nur zuhören. Das Stück ist eine Art Persiflage auf das Zeitalter der Industrialisierung. Hier sehe ich Parallelen zu heutigen Fragestellungen: Täglich sind wir mit technischen Devices befasst, die unser Leben strukturieren und unsere Körper formatieren, und so das Soziale massgeblich verändern.

Das Hörspiel verbindet auch andere Bausteine. "Electric Ladyland" ist der Titel eines berühmten Albums von Jimi Hendrix.

Den Titel "Electric Ladyland" habe ich mehr assoziativ für die Arbeit bzw. die gesamte Ausstellung gewählt. Musikalisch spielt Hendrix hier keine Rolle für mich. Ich habe mich eher von den Lyrics inspirieren lassen: "Have you ever been to Electric Ladyland? Electric woman waits for you and me." Neben vielen verschieden Textbausteinen – wie Auszügen aus dem Libretto oder Texten von und über Automaten, Cyborgs oder Menschmaschinen – ist dieser Satz ein Grundmotiv des Hörspiels.

Bei mir hat das Hören des Hörspiels ein etwas unbehagliches Gefühl hinterlassen ...

Ich versuche durch vielschichtiges Arbeiten, eindeutige Stimmungen zu unterlaufen. Die Musik von Jacques Offenbach, die ich hier zum Ausgangspunkt genommen habe, ist ja ausgesprochen heiter, alles ist in Dur, ein schneller Walzer. Erst einmal habe ich das Tempo extrem verlangsamt, der Walzertanz findet in Zeitlupe statt. Und dann kommt dieses unbehagliche Gefühl sicher auch durch die Aufnahme des Blasebalgs eines Akkordeons, die unter der ganzen Musik als Basis liegt und die uns unbewusst an ein Beatmungsgerät denken lässt.


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