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BR-Magazin-Tipp: Bayern Bayernkitsch

Ein Streifzug von Markus Metz und Georg Seeßlen

Stand: 25.09.2015

Opulent verzierte Bierkrüge | Bild: colourbox.com

Seit Bayern ein Tourismusparadies ist, also schon etliche Jahre, gibt es auch eine rege Produktion von Andenken, folkloristischen Deko-Materialien, Bildern und Fotografien, die die Schönheit bayerischer Landschaft und Architektur in heftigen Farben hervorheben. Jede Generation von Bayern- Besuchern hat ihre eigenen Souvenirs. Das Oktoberfest, die Ludwigsschlösser oder die Alpenregionen haben ihre eigenen Bildwelten: etwa Schneekugeln, Schnapsgläschen oder T-Shirts. Die Produktion: Vom Kunsthandwerk bis zur Plastik-Massenware, manchmal mit, manchmal ohne den offensichtlich besonders typisch bajuwarischen Humor: Maßkrüge aus Schaumgummi, Neuschwanstein-Bettleuchten.

Und eben, wirklich wahr: Edelweiß in Dosen. Natürlich wenden sich sowohl Menschen mit Geschmack als auch Einheimische mit Grausen von diesem Bayernkitsch ab, in dem das übliche Klischee zwanglos in pure Denunziation übergeht. Ist Bayern etwa im Biedermeier stehengeblieben? Müssen Bayern immer den Seppl machen? Hat man hier vielleicht eine Lizenz für kleine und große ästhetische Katastrophen? So mag man schimpfen: Schon wieder ein Ausverkauf Bayerns! Aber vielleicht kann man sich diese Produktion auch einmal andersherum anschauen: Bayernkitsch als künstliches Paradies, ein Sehnsuchtsort, ein Orbis pictus, Komödienstadel als Lachmaschine und Therapie, Folklore-Pop-Musik. Das alles muss vielleicht so derb daherkommen, damit es auch wirkt. Bayernkitsch ist nämlich auch so etwas wie eine Droge.


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