Bayern 2

     

Bayerisches Feuilleton Postkartenidyll und Bayernkitsch

Ansammlung bayerischer Kitsch-Objekte | Bild: Claudia Eichhorn

Sonntag, 04.10.2015
20:05 bis 21:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Im Rahmen der ARD-Themenwoche "Heimat":
Edelweiß in Dosen
Postkartenidyll und Bayernkitsch
Von Markus Metz und Georg Seeßlen
Als Podcast verfügbar

Seit Bayern ein Tourismusparadies ist, also schon etliche Jahre, gibt es auch eine rege Produktion von Andenken, folkloristischen Deko-Materialien, Bildern und Fotografien, die die Schönheit bayerischer Landschaft und Architektur in heftigen Farben hervorheben. Jede Generation von Bayern-Besuchern hat ihre eigenen Souvenir-Materialien und -Formen, das Oktoberfest, die Ludwigsschlösser oder die Alpenregionen haben ihre je eigenen Bildwelten, Schneekugeln, Schnapsgläschen, T-Shirts ... Vom Kunsthandwerk bis zur Plastik-Massenware reicht die Produktion, manchmal mit, manchmal ohne den offensichtlich besonders typischen bajuwarischen Humor. Maßkrüge aus Schaumgummi. Neuschwanstein-Bettleuchten. Und eben, wirklich wahr: Edelweiß in Dosen.
Natürlich wenden sich sowohl Menschen mit Geschmack als auch real existierende Einheimische mit Grausen vor diesem Bayernkitsch, in dem das übliche Klischee zwanglos in pure Denunziation übergeht. Ist Bayern etwa im Biedermeier stehen geblieben? Müssen Bayern immer den Seppl und gleich darauf den Deppen machen? Hat man hier vielleicht eine Lizenz für kleine und große ästhetische Katastrophen? So mag man schimpfen: Schon wieder ein Ausverkauf Bayerns!
Aber vielleicht kann man sich diese Produktion auch einmal anders herum anschauen: Bayernkitsch als künstliches Paradies, ein Sehnsuchtsort, ein Orbis pictus, Komödienstadel als Lachmaschine und Therapie, Folklore-Pop-Musik zwischen "Zipfel-Liedern" und "Patrona Bavariae". Das alles muss vielleicht so derb daherkommen, damit es auch wirkt. Bayernkitsch ist nämlich auch so etwas wie eine Droge: eine visuelle, haptische und akustische Droge.
Ein Streifzug von Markus Metz und Georg Seeßlen durch den Bayernkitsch, nicht mit der besserwisserischen Geste, wie falsch, dumm, korrupt und hässlich das alles ist. Sondern mit der eher sympathischen Frage danach, warum das Zeug viele Menschen so glücklich macht. Ein bisschen jedenfalls.

Hörkino zum Frühstück statt Frühstücksfernsehen

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