Sport - Olympia


3

Paralympics in Rio Die Spiele sind eröffnet

Seit kurz nach zwei Uhr deutscher Zeit brennt in Rio das Paralympische Feuer. Mit rund 4.300 Athleten aus 170 Ländern sind es die größten Paralympics aller Zeiten. Eröffnet wurden die Sommerspiele von Brasiliens Staatschef Temer - er wurde ausgepfiffen und ausgebuht.

Stand: 08.09.2016

Feuerwerk bei der Eröffnungsfeier der Paralympics am 08. September 2016 im Maracana Stadion in Rio de Janeiro | Bild: picture-alliance/dpa/Thomas Lovelock For Ois/IOC

Schrecksekunde bei der Eröffnung der Paralympics in Rio de Janeiro: Die ehemalige Leichtathletin Marcia Malsar stürzt beim Tragen der Paralympischen Fackel. Vor den Augen tausender Menschen im Maracana-Stadion helfen der früheren 200-Meter-Sprinterin Freiwillige wieder auf die Beine. Unter riesigem Beifall absolviert Marcia Malsar danach tapfer ihre Etappe bis zu Ende. So sorgt am Schluss selbst der kleine Fehltritt für schöne Bilder. Von denen gab es viele zu sehen.

Bunte Bilder und schrille Misstöne

Die Eröffnungsfeier inszeniert den Strand als demokratischen Ort, zugänglich auch für behinderte Menschen. 400 Tänzer zeigen das Lebensgefühl der Stadt, dann spielt Pianist João Carlos Martins die brasilianische Nationalhymne - aus 330 grünen, blauen und gelben Segeltüchern und Schirmen wird die Nationalflagge geformt. Auch eine besondere Idee: Jedes einmarschierende Land bringt ein Puzzleteil mit, darauf die Fotos ihrer Athleten. Daraus wird in der Mitte ein riesiges menschliches Herz geformt. Als das letzte Stück, das Brasiliens eingesetzt ist, fängt es an zu schlagen.

Auch das Herz Brasiliens schlägt nach anfänglichem Desinteresse immer mehr für die Paralympics. Doch es schmerzt auch. Wie schon bei der Eröffnung der Olympischen Spiele Anfang August war die Eröffnungsformel, die Brasiliens Präsident Michel Temer sprach, unter den Pfiffen und Buhrufen des Publikums kaum zu verstehen. Der Vorsitzende des Organisationskomitees, Carlos Arthur Nuzman, musste seine Rede mehrfach unterbrechen, da es nach seiner Erwähnung des Danks an die Regierung zu lautstarken Unmutsbekundungen kam. Temer ist durch die Amtsenthebung von Präsidentin Dilma Rousseff an die Macht gekommen - für viele Brasilianer ein Putsch. In mehr als 40 brasilianischen Städten demonstrierten nach Angaben der Veranstalter unterdessen rund 150.000 Menschen gegen die neue Regierung.

Leichtathlet Markus Rehm als deutscher Fahnenträger

Die deutsche Mannschaft wurde von Leichtathlet Markus Rehm als Fahnenträger ins Maracana-Stadion geführt. Insgesamt starten 155 deutsche Sportler In Rio, von denen die Zwillinge Carmen und Ramona Brussig an diesem Donnerstag im Judo die ersten Gold-Chancen haben.

Markus Rehm hat seine Ausnahmestellung im deutschen Behindertensport mehrfach unter Beweis gestellt. Als Paralympics-Sieger von London 2012, dreimaliger Weltmeister und Weltrekordhalter mit sagenhaften 8,40 Metern steht der unterschenkelamputierte Weitspringer sportlich außerhalb jeglicher Diskussion.

"Seine herausragenden Leistungen und Rekorde haben ihn auch international zu einem der Stars der paralympischen Bewegung aufsteigen lassen."

Chef de Mission Karl Quade

Für weit mehr Aufsehen hatte der 28-Jährige aber im Bereich der Nichtbehinderten gesorgt: Der Prothesen-Springer wurde vor zwei Jahren deutscher Weitsprung-Meister und kämpfte seither auch für seine Startgenehmigung bei den Olympischen Spielen in Rio. Der Leichtathletik-Weltverband IAAF forderte dafür jedoch einen Nachweis, dass Rehm durch seine Prothese keinen Vorteil hat. Die kontrovers diskutierte und mittlerweile auch wissenschaftliche untersuchte These ist, dass seine Spezialprothese beim Absprung wie eine Feder wirkt.

Rehm wollte bei Olympia starten

In aufwendigen Tests für eine Studie hatten Wissenschaftler aus Köln, Japan und den USA keinen Nachweis erbringen können, dass Rehm gravierende Vor- oder Nachteile im Vergleich mit Athleten ohne Behinderung habe. Der Orthopädietechnik-Meister habe Nachteile beim Anlauf, aber Vorteile beim Absprung. Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) erlaubte ihm daraufhin weiterhin die Teilnahme an deutschen Meisterschaften, legte aber eine getrennte Wertung fest. Die IAAF stoppte später Rehms Olympia-Ambitionen. "Die Paralympics sind mein Hauptwettkampf. Und das wären sie auch gewesen, wenn ich bei Olympia hätte starten können", sagte der Leverkusener, der in Rio auch mit der 4x100-Meter-Staffel berechtigte Medaillenhoffnungen hat.

Fast alle deutschen London-Sieger in Rio am Start

Bis auf drei Ausnahmen sind alle deutschen Goldmedaillen-Gewinner aus London auch bei den Paralympics in Rio dabei. Nicht mehr am Start sind in Brasilien lediglich Radsportler Tobias Graf, Schwimmerin Kirsten Bruhn und Reiterin Hannelore Brenner. Die in London doppelt erfolgreiche Brenner musste wegen einer Verletzung ihres Pferdes kurzfristig für Rio absagen. Die 18 Goldmedaillen in London hatte Deutschland durch 14 Sportler in 17 Einzeldisziplinen errungen. Doppelt erfolgreich waren neben Brenner noch Leichtathletin Birgit Kober und Radsportlerin Andrea Eskau. Dazu hatten die Rollstuhlbasketballerinnen den Titel errungen. Auch sie sind für Rio qualifiziert.


3