Kultur - Kunst und Design


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Alte Pinakothek Ein Fest für alle Kunstsinne

Jedes Jahr zieht es über 200.000 Besucher zu einer der bedeutendsten Rubens-Sammlungen der Welt nach München. Die Stadt ist stolz auf ihre Alte Pinakothek, die Kriege, Brände und Säureattacken überstanden hat.

Stand: 14.10.2010 | Archiv

Alte Pinakothek München | Bild: picture-alliance/dpa

Während nebenan gerade langwierige bauliche Eingriffe drohen, kann die Alte Pinakothek zurzeit nur profitieren. Hier steht keine Generalsanierung ins Haus wie bei der Neuen Pinakothek, hier breiten sich keine rätselhaften Risse im Mauerwerk aus wie an der Rotunde der Pinakothek der Moderne. 

Dass es die Pinakothek heute überhaupt noch gibt, ist keine Selbstverständlichkeit. Immer wieder zerstörten Feuer, Krieg und Unwissenheit die Kunstwerke - und das lange bevor der Architekt Leo von Klenze 1826 den Grundstein für die Gemäldegalerie gelegt hatte.

Ein Bild schreibt Geschichte: Die Alexanderschlacht

Während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verwandte Ludwig I. viel Zeit darauf, die nach München gelangten Sammlungen verschiedener Fürstenhäuser zusammenzubringen und zu erweitern. Die Geschichte der eigentlichen Sammlung beginnt bereits im 16. Jahrhundert, als im Auftrag Herzogs Wilhelm IV. von Bayern eine Reihe Historienbilder entstanden. Unter den Gemälden befand sich auch Altdorfers "Alexanderschlacht". Der unermüdlichen Kunst- und Sammelleidenschaft späterer Fürsten, wie zum Beispiel Maximilian I., verdankt die Sammlung etliche Werke von Dürer, Rubens und Cranach. Diesen Reichtum fanden Kunstfreunde und Räuber gleichermaßen attraktiv. 1632, im Dreißigjährigen Krieg, plünderten die Schweden den Bestand. Zum Glück hatte Kurfürst Maximilian die meisten Gemälde bereits ausgelagert, doch einige Werke Cranachs und drei der erwähnten Historienbilder hängen heute in Stockholm.

Das Feuer von 1729 und der Napoleonische Kunstraub

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Viel gravierender als die Verluste, die die Schweden der Sammlung beibrachten, war das Feuer, das 1729 in der Residenz ausbrach. Auch die "Himmelfahrt und Krönung Mariens" aus Dürers Heller-Altar verbrannte. Hätte Max II. Emanuel nicht die meisten Gemälde in das Neue Schloss Schleißheim hängen lassen, wäre die Sammlung wohl komplett zerstört worden.

Im Jahr 1800 folgte der nächste Schlag, beziehungsweise der nächste Räuber: Napoleon. Von 72 geraubten Gemälden kamen nur 27 zurück, darunter auch die "Alexanderschlacht". Das Bild hatte Napoleon aus naheliegenden Gründen persönlich angesprochen.

Gefährliche Unwissenheit

Selbst nach der Eröffnung der Pinakothek war die Sammlung nicht sicher, vor allem nicht vor Ignoranz. Die Museumsdirektoren, die die Alte Pinakothek in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts leiteten, taten sich nicht gerade durch fachliche Kompetenz hervor. Und so kam es, dass man 1852 sage und schreibe 1.500 Bilder aus den Lagerbeständen als "unbrauchbar" deklarierte und versteigerte, unter anderem so unersetzbare Werke wie Dürers "Anna Selbdritt", Grünewalds "Maria Schnee" und Altdorfers "Apostelabschied".

Kriegsschäden und Säureattentate

Im Zweiten Weltkrieg machte die Zerstörung auch vor der Alten Pinakothek nicht Halt. Zehn Jahre, von 1826 bis 1836, hatte Leo von Klenze an der Pinakothek gebaut und mit ihr ein Vorbild für einige der wichtigsten Museen des 19. Jahrhunderts geschaffen. Döllgast baute die Galerie von 1952 bis 1957 wieder auf, wich aber in einigen Punkten von Klenzes Konzept ab. Doch auch in Zeiten des Friedens und der vorbildlichen Brandschutzmaßnahmen ist keine Gemäldesammlung der Welt vor der Unberechenbarkeit menschlichen Handelns gefeit. In den 60er-Jahren attackierte ein Besucher "Das kleine jüngste Gericht" von Rubens mit Säure. Die Spuren sind auf der rechten Seite des Bildes noch immer zu sehen. 1988 übergoss ein Besucher einige Dürer-Werke mit Säure. Bis auf die "Maria als Schmerzensmutter" waren zwar alle angegriffenen Bilder wieder herzustellen, doch in der Chronik ist das Attentat als "Katastrophe menschlicher wie auch kulturhistorischer Dimension" vermerkt.


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