Religion & Orientierung - STATIONEN


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Ewige Freundschaft Der Kirchentag und die Friedensbewegung

Evangelische Kirchentage waren immer auch politisch. So ist auch die Friedensbewegung ist aus den Kirchentagen entstanden. STATIONEN hinterfragt, ob und wie sehr sich die Kirche anpasst, um am Puls der Zeit zu bleiben.

Von: Astrid Uhr und Valentin Beige

Stand: 05.06.2023

Friedensaktivist Hans-Günther Schramm sitzt auf einem Sofa | Bild: BR / Astrid Uhr

Der Evangelische Kirchentag 1983 in Hannover - Hans-Günther Schramm ist dabei. Er ist Friedensaktivist und demonstriert mit vielen anderen Tausend Menschen für Frieden und gegen Atomwaffen.

"Wir waren ganz viele Gruppen unterschiedlichster Art, und das ging wirklich von der Deutschen Kommunistischen Partei bis rüber zu konservativen Leuten, die da dabei waren."

Hans-Günther Schramm

Vorausgegangen war 1979 der NATO-Doppelbeschluss: Die USA stationiert atomare Mittelstrecken-Raketen in Deutschland, als Gegengewicht zum Ostblock. Darauf reagiert die Kirche mit Radikal-Pazifismus: Frieden schaffen ohne Waffen.

Kirchentag als Teil der Friedensbewegung

Seitdem sind der Kirchentag und die Friedensbewegung miteinander verbunden, der Kirchentag ist ein Teil der Friedensbewegung. Das Erkennungszeichen ist das lila Tuch, die zu Zehntausenden verteilt wurde mit dem etwas sperrigen Motto: "Die Zeit ist da für ein Nein ohne jedes Ja zu Massenvernichtungswaffen". Der 82-Jährige erinnert sich genau: “Dieses lila Tuch hat die Friedensbewegung über Jahre zusammengehalten.“ Von den Konservativen bis zu den Kommunisten: Alle hätten sich auf dem Kirchentag vereint, erzählt er.

Weltkrieg, Flucht, Atomwaffen: Wie Hans-Günther Schramm zum Pazifisten wurde

Als überzeugter Christ protestiert auch der heute 82-jährige Hans-Günther Schramm gegen Waffen. Er selbst ist ein „Kriegskind", wurde mit seiner Familie aus Pommern vertrieben. Radikalisiert zum Pazifisten hat ihn jedoch ein anderes Ereignis.

"Mich haben sehr stark beeindruckt die Bilder von Hiroshima, diese zerfetzte Haut der Menschen und diese durch die Bombe abgeräumten Häuser. Und dieses Ausmaß, das hat mich derart zum Nachdenken über Atom gebracht."

Hans Günther Schramm

Als Konsequenz gründet er zusammen mit Freunden das Nürnberger evangelische Forum für den Frieden. Es besteht noch heute.

Heute erschüttert der russische Angriff auf die Ukraine den Pazifisten Hans-Günther Schramm massiv. Dass sich die Kirche für Waffenlieferungen ausgesprochen hat, stößt bei ihm auf Unverständnis. Eine Zerreißprobe für seine Kirche.

Kirchentag: Welche Rolle spielt die Kirche?

Und nun kommt also der Kirchentag nach Nürnberg. Das Motto lautet „Jetzt ist die Zeit“. Mehr als 100.000 Gäste werden von Mittwoch (07.06.) bis Sonntag in der mittelfränkischen Metropole erwartet. Über Krieg und Frieden wird nicht nur auf zahlreichen Podien diskutiert werden.

STATIONEN berichtet über den Kirchentag: die Tradition, Nürnberg als Ort des Geschehens, Serviceangebote und die Frage, wie sich Kirche verändern oder gar anpassen muss, um wieder mehr Menschen anzusprechen.

Klima und Umwelt, Künstliche Intelligenz, aber auch neue Wege der Glaubensvermittlung sind weitere wichtige Themen auf den Podien. Der Kirchentag, zu dem Hunderttausend Christinnen und Christen aus ganz Deutschland erwartet werden, soll ein Fest des Glaubens werden - mit zahlreichen Gottesdiensten, Bibelarbeiten und Konzerten.

STATIONEN: "Jetzt ist die Zeit"

- „HIER UND JETZT!“ Wieviel Zeitgeist verträgt die Kirche? Porträt des Nürnberger Friedensaktivisten Hans-Günther Schramm von Astrid Uhr
- Tradition des Kirchentags und Nürnberg als Ort des Geschehens von Hannah Krewer und Markus Kaiser
- Kirche und Klima von Axel Mölkner-Kappl
- Servicekirche - spontane Taufen und Hochzeiten von Astrid Uhr und Sabine Barth


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