Bayern 2 - Zündfunk

Pete Doherty im Interview "Wenn wir mit den Libertines auf Tour sind, dürfen wir nicht im Bandbus schlafen"

Skandale, Drogen, Abstürze mit Kate Moss oder Amy Winehouse: Kaum jemand hat den selbstzerstörerischen Rockstar in den 2000ern so verkörpert wie Pete Doherty. Mittlerweile ist der Sänger der Babyshambles und Libertines geläutert. Im Zündfunk spricht er über sein Leben auf dem Land und auf Tour mit Kind und Hunden.

Von: Achim Bogdahn

Stand: 05.05.2025 | Archiv |Bildnachweis

Pete Doherty im Porträt | Bild: Roger Sargent

Pete Doherty hat seinen Hund ins BR-Studio mitgebracht, einen Husky namens Zeus. Zündfunk-Moderator Achim Bogdahn hat den beiden einen Rhabarberkuchen gebacken, den der Musik-Star mehrfach lobt ("crumbly and chewy"). Doherty, der Deutsch versteht und spricht, wirft während der Live-Übersetzung seiner Antworten immer wieder deutsche Worte wie "genau", "wunderbar" oder "stinkende Windel" ein.

Zündfunk: Als ich meinem Umfeld davon erzählt habe, dass ich Pete Doherty interviewen werde, bekam ich viele Fragen: Wie ist sein Zustand? Lebt er noch? Wie reagieren denn Leute auf dich, wenn sie den berühmt-berüchtigten Pete Doherty treffen?

Pete Doherty: Weißt du, ich begegne eigentlich gar nicht vielen neuen Menschen. Ich bewege mich hauptsächlich in gewohnten Kreisen, in denen die Leute mich kennen.

Du siehst jung und fit aus.

Danke! Ich hätte mich vielleicht rasieren können. Aber der Morgen war etwas chaotisch mit Kind und Hunden und der Taxifahrt hierher ...

Pete und Zeus mit Achim Bogdahn im Zündfunk-Studio

Wie ist dein Leben aktuell?

Sehr busy! Gerade sind wir auf Tour um mein neues Solo-Album zu promoten. Außerdem mache ich Kunst-Ausstellungen – und die Libertines gibt es ja auch noch. Ich bin also wirklich beschäftigt.

Und wenn du nicht unterwegs bist?

Dann lebe ich in der Normandie mit meiner Frau und zweijährigen Tochter Billie-May ein ruhiges, häusliches Leben. Jeder, der ein Kleinkind hat, weiß, wie viel Aufmerksamkeit und Energie sie ziehen. Wir haben wirklich unser Leben um unser Kind gebaut; auf sie aufzupassen ist ein Fulltime-Job, auch weil wir keinen Babysitter oder so haben. Und auch unsere zwei Hunde brauchen Auslauf und Liebe. Wir kümmern uns also den ganzen Tag um Hunde und Kind und dann gehen wir schlafen und machen es am nächsten Tag nochmal. Es ist einfach ein häusliches Leben, wie es die Menschheit seit Jahrhunderten führt.

Jetzt hast du deine Tochter und Frau und die Hunde auch auf Tour dabei. Wie darf man sich das vorstellen?

Es geht tatsächlich sehr strukturiert zu, einfach weil Tour-Leben generell strukturiert abläuft. Du schläfst im Bus, dann kommst du im Venue an, dort gibt es dann normalerweise einen Park in der Nähe um Zeit mit dem Kind zu verbringen. Dann Soundcheck, Siesta, Gassigehen. Billie-May mag es, durch die noch leere Konzerthalle zu laufen oder mit dem Drumkit zu spielen. Meine Welt ist auch ihre Welt. Bei meinen ersten beiden Kindern hatte ich keinerlei Anteil an ihrem Leben, als sie klein waren. An Billie-Mays Kindheit möchte ich teilhaben.

Pete Doherty im Jahr 2006 beim Verlassen eines Londoner Gerichts. Nicht nur Drogen, auch die Klatschpresse begleitete seinen Weg als Rockstar.

Wenn sie mit dem Tour-Leben nicht klarkommen würde, könnte ich das nicht machen. Aber sie verträgt das Reisen gut, sie ist eine gute Schläferin, so wie ihr alter Herr. Aber natürlich wird es auch manchmal chaotisch. Wenn wir mit den Libertines auf Tour sind, dürfen wir nicht im Bandbus schlafen, sondern werden in den Crew-Bus verbannt.

Wieso?

Die meisten der Bandmitglieder gehen wohl auf Tour, um eine Auszeit vom Familienleben zu haben. Ich glaube sie halten mich für komplett verrückt, dass ich meine Frau und Tochter mitnehme. Mit den Hunden allein kämen sie noch klar – ich meine, es ist eine Sache, im Schlaf von einer Hundezunge im Ohr geleckt zu werden, aber morgens mit seinen besten Mokassins in eine vollgeschissene Windel zu treten, das war dann wohl zu viel des Guten. Am Ende sind die Libertines eine demokratische Band.

Nicht weit von diesen Räumlichkeiten hier hast du ja einst einen Skandal ausgelöst, weil du bei einem live übertragenen BR-Festival die illegale erste Strophe des Deutschlandliedes gesungen hast...

Das hat mir eine der denkwürdigsten Schlagzeilen eingebracht: "Junkie-Rocker singt Nazi-Hymne", schrieb eine deutsche Lokalzeitung. Ich war da 25 Jahre alt, und obwohl ich mich für Geschichte und speziell die deutsche Geschichte interessiere, wusste ich schlicht nicht, dass diese Strophe verboten ist. Wenn man sich andere Nationalhymnen anschaut, dann sind die auch von Aggression und Nationalismus inspiriert. Die Briten singen bis heute "Britannia rules the waves" und das ist nicht verboten. Aber es war natürlich naiv von mir.

Auf der aktuellen Tour wirst du von The-Smiths-Drummer Mike Joyce begleitet.

Nach dem Split-Up der Libertines gründete Pete Doherty die Babyshambles. Mittlerweile sind auch die Libertines wieder vereint.

Das ist total aufregend, wie eine Traumsequenz, weil die Smiths ein großer Einfluss für mich waren. Mike hat sehr lange nicht mehr in einer Band gespielt. Seine Kinder wuchsen in dem Wissen auf, dass ihr Vater ein bekannter Schlagzeuger ist, aber haben ihn nie ein Konzert spielen sehen. Das war total besonders, als seine Frau, sein Sohn und seine zwei Töchter in Amsterdam aufs Konzert kamen und ihn endlich auf der Bühne sehen konnten.

Wir haben noch Zeit für eine Frage: Was ist der Sinn des Lebens?

Keine Ahnung, Verstopfung vermeiden?