Punkrockband Ersatzkopf "Friedrich Merz soll einfach mal mehr arbeiten. Körperlich."
Ersatzkopf aus Darmstadt verstehen sich als Urlaubsband. Und eigentlich sind sie ja nur aus Versehen zum Punkrock gekommen. Wie genau es dazu kam, warum sie Friedrich Merz Kloputzen nahelegen und was schlimmer ist als der Hitzetod im Dixi-Klo.

Zündfunk: Gerade heute habt ihr eine neue Ersatzkopf-Single mit dem Titel "hitzetod im dixiklo" veröffentlicht. Wie seid ihr auf die Idee gekommen, diesen Song so zu nennen?
Marian: Ich war mal auf einem Death-Metal-Grindcore-Festival in Tschechien. Und da stand ich außerordentlich verkatert morgens in einem Dixi-Klo und habe mir gedacht: "Wow, draußen ist es heiß, aber drinnen ist es noch heißer. Und draußen stinkt es nach Scheiße, aber drinnen stinkt es noch scheißer." Und das habe ich dann in unsere Gruppe geschrieben, und wir haben gedacht, dass man das irgendwie thematisch aufarbeiten kann.
Das ist auf jeden Fall einer der schlimmsten Tode, die man sich vorstellen kann. Da würde ich sogar lieber JD Vance sehen und dann einen Schlaganfall bekommen, als so zu verenden.
Marian: Lieber Dixi-Klo als JD Vance.
Was sind für euch die schlimmsten Todesarten? Habt ihr eine Präferenz, wie ihr gerne sterben würdet?
Marian: Ganz schrecklich stelle ich mir vor, im Mittelmeer zu ertrinken. Das passiert ja auch immer wieder.
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hitzetod im dixiklo
Wir sprechen schon über Politik. Ersatzkopf ist eine Punkband. Team Scheisse, die ihr gerade auf Tour supportet, haben hier letztens im Interview gesagt, dass es gute Zeiten für Punkrock sind. Besonders politisch, weil die allgemeine Verzweiflung zu politischer Protestmusik einlädt. Geht ihr da mit?
Marian: Punk ist einfach das Geilste.
Jean-Marvin: Egal, wie schlimm oder schlimmer oder am schlimmsten es wird, es ist ja immer scheiße, beschissen oder noch beschissener. Deshalb ist es wurscht. Es ist immer eine gute Zeit für Punk.
Wir erleben ja gerade eine Renaissance im Deutschpunk. Warum habt ihr euch ausgerechnet für Punkrock entschieden? Was ist das Geile an Punk für euch?
Marian: Ich würde behaupten, dass nicht wir uns für Punkrock entschieden haben, sondern Punkrock für uns. Wir haben einfach Musik gemacht und dann ist da aus Versehen Punk passiert.
Wie kann man sich das vorstellen?
Marian: Es gibt ja diese tolle Geschichte, wie wir zu unserem Namen gekommen sind. Unser Gitarrist und ich haben zusammen studiert, und unser Dozent hat etwas über Kunstkopfstereophonie erzählt. Er hat gesagt, man könnte dazu auch "Ersatzkopf" sagen. Und hat dann so in sich reingemurmelt: "Ersatzkopf wäre ein guter Name für eine Punkband." Dann haben wir uns gedacht: "Wir versuchen das einfach mal." Und jetzt sind wir hier. Wenn der Mann das nicht gesagt hätte, dann hätten wir auch keinen Punk gemacht.
Was kennzeichnet Punk für euch? Es gibt ja viele Leute, die ganz unterschiedliche Definitionen von Punkrock haben. Es gibt Leute, die sagen, es sei eine Lebenseinstellung, ein Dagegensein. Andere sagen, es seien bunte Frisuren.
Marian: Ich finde, Punk ist man von innen, nicht von außen. Der Jean-Marvin ist ein sehr gepflegter Mensch ohne bunte Haare, ohne zerrissene Hosen, ohne Nieten, ohne Chucks und Docs. Der kotzt auch niemandem in die Ecke und sagt dann, man soll ihn in Ruhe lassen. Der pisst an keine Polizeiautos. Aber gefühlt ist er für mich viel mehr Punk als alle Leute, die das machen, was ich gerade eben beschrieben habe.
Ein Wort, das euch besonders wichtig scheint, ist "geil". Eure EPs heißen "geil, geil, geil", "für immer geil" oder "jung, geil und bereit für die Rente". Was fasziniert euch daran?
Marian: Wir haben aufgenommen, dann haben wir ein paar Takes gemacht, und dann hat irgendjemand gesagt: "Ja okay, jetzt reicht's, geiler wird's nicht." Und dann hieß das so. Und dann haben wir das einfach so fortgesetzt.
Vor kurzem habt ihr in Augsburg gespielt, seid jetzt wieder in München. Was fällt euch spontan ein, was an Bayern geil ist?
Jean-Marvin: Laugengebäck? Keine Ahnung.
Betretenes Schweigen.
Marian: Was ich an Bayern geil finde, ist, dass man im Freistaat Bayern gesetzlich verpflichtet ist, ein Bild von Markus Söder im Wohnzimmer hängen zu haben. Das finde ich gut. Und ich mag das Alpenvorland. Darüber hinaus fällt mir nicht so viel ein.
Ein weiterer neuer Song von euch heißt "arbeit si samba no". Es gibt den alten Roberto-Blanco-Song "Samba Si, Arbeit No". Der bezieht sich darauf, oder?
Marian: Ja, ganz klar. Selbstverständlich. Ich glaube auch, dass Roberto Blanco der schlauste Mann unter der Sonne ist und für dieses Lied auf jeden Fall mindestens einen Friedensnobelpreis verdient hat.
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arbeit si, samba no
Wobei der Song ja ein satirischer Umgang mit diesem "mehr Arbeiten". Was würde denn Friedrich Merz zu dem Song sagen? Der setzt sich ja gerade dafür ein, dass wir alle wieder mehr arbeiten sollen.
Marian: Ich würde behaupten, Friedrich Merz soll einfach mal mehr arbeiten. Körperlich. Mal ein paar Klos putzen. Vielleicht auch mal ein bisschen Bus fahren. Am Steuer. Oder ein bisschen Schulsozialarbeit leisten.
Jean-Marvin: Brennpunktarbeit.
Marian: Das soll der mal machen. Und dann kann er noch mal darüber nachdenken, ob er das wirklich möchte.
Wenn wir gerade über Friedrich Merz reden, es gibt ja auch progressivere Stimmen in Deutschland, die gerade einen neuen Patriotismus beschwören, auch angesichts der geopolitischen Lage. Der Bundespräsident zum Beispiel will ein neues "Wir". Ihr seid eine Punkband und singt in einem eurer erfolgreichsten Lieder "auf Deutschland scheißen, Teile schmeißen". Bleibt ihr immer noch bei diesem Slogan?
Marian: Ersatzkopf ist auf jeder Ebene antinational. Und deswegen schmeißen wir weiterhin Teile.
Die Ersatzkopf-Songthemen sind Polizeigewalt, Drogen, zu hohe Mietpreise, Ungleichheit. Was sind denn die nächsten Themen, über die ihr Songs rausbringt, welche Themen beschäftigen euch gerade?
Marian: Da muss ich jetzt gerade mal kurz in unser Google Drive gucken. Da haben wir nämlich eine elendig lange Liste, die ist aktuell sechs DIN-A4-Seiten lang.
Kannst du mal ein bisschen was vorlesen?
Marian: Nee, dann klauen uns Leute Ideen. Das ist alles top secret hier.
Aber thematisch ungefähr?
Marian: Waschen. Bong rauchen. Was haben wir hier noch? Slam-Death-Metal. In Rente gehen. Moshpits. Unterhose klauen. Hier stehen auch Sachen wie: "Deutsche Nachbarn hassen sich anscheinend immer, sagt der Anwalt für Bau- und Architektenrecht."
Also viele Ideen. Kommt ein neues Album irgendwann?
Marian: Keine Ahnung. Was passiert, passiert. No pressure. Wir sind 'ne Urlaubsband.